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Das Jahr 1968 wurde in den USA von Gewalt und Unruhen überschattet. Laufende Proteste gegen den Vietnamkrieg und die Ermordung von Robert F. Kennedy und Martin Luther King heizten die Stimmung an. Ende August fand in Chicago der Parteitag der Demokraten statt, bei dem ein Nachfolger von Präsident Lyndon B Johnson für die anstehenden Wahlen gefunden werden sollte. Proteste von Kriegsgegnern führten zu Zusammenstößen mit der Polizei und die Lage eskalierte. Die Suche nach Schuldigen mündete in einen der größten Justizskandale in der Geschichte der USA. Regisseur und Drehbuchauto Aaron Sorkin hat sich in The Trial of the Chicago 7 dem Prozess angenommen und ihn für Netflix mit einem All-Star Cast verfilmt.

Darum geht es

Die Protagonisten verschiedener linker pazifistischer Gruppierungen versuchten im Vorfeld des Parteitages Genehmigungen für Kundgebungen und ein Musikfestival zu erhalten: Abbie Hoffman (Sacha Baron Cohen) und Jerry Rubin (Jeremy Strong) von der Youth International Party (Yippies), Tom Hayden (Eddie Redmayne) vom National Mobilization Committee to End the War in Vietnam, Bobby Seale (Yahya Abdul-Mateen II), Mitbegründer der Black Panther Party, Rennie Davis (Alex Sharp) von der American anti-Vietnam War Bewegung und die Aktivisten David Dellinger (John Carroll Lynch), Lee Weiner (Noah Robbins) und John Froines (Daniel Flaherty). Die Genehmigungen wurde ihnen verwehrt.

Die Nixon Administration bezichtigte sie, geplanterweise Staatsgrenzen überschritten zu haben, um in Chicago Unruhen auszulösen. Die Angeklagten wurden von William Kunstler (Mark Rylance) vertreten und der Staat Illinois von Richard Schultz (Joseph Gordon-Levitt). Die Verhandlung unter dem Vorsitz von Richter Julius Hoffman (Frank Langella) wurde nicht zuletzt wegen seiner unqualifizierten Äußerungen und der skandalöser Führung zur Farce.

Kommentar

Die historischen, nun 50 Jahre zurückliegenden, Begebenheiten sind hierzulande kaum bekannt. Das wird sich nun ändern. Obwohl es mehr als 10 Jahren dauerte, bis das Drehbuch von Aaron Sorkin (The Social Network, Molly’s Game), das er ursprünglich für Stephen Spielberg geschrieben hatte, unter seiner Regie nun doch noch verfilmt werden sollte, kommt The Trial of the Chicago 7 gerade zur rechten Zeit. Das Klima in den USA ist dem von Ende der 1960er nicht unähnlich. Wieder stehen sich linke und rechte Lager gegenüber, befeuert durch den US-Präsidenten selbst und liefern sich Straßenschlachten. Das Land scheint wieder an der Kippe zu stehen. Die Gräben sind tief und die Zukunft ungewiss.

Der humorvolle Unterton dieses Gerichtssaaldramas täuscht nicht über die Atmosphäre des Hasses hinweg, die hier in der Luft liegt. Das Ziel ist klar: Man möchte den bunten und unliebsamen Haufen von der Straße weg und hinter Gitter bringen. Außerhalb des Gerichtssaales wurden die Angeklagten von ihren Gefolgsleuten bald als Helden hochstilisiert. Sorkin, bekannt für seine rasanten und geschliffenen Dialoge, verkürzt den Monate dauernden Prozess auf knappe zwei Stunden Länge. Das gelingt im grandios. Die Zeitsprünge in der Handlung stören den Fluss dabei nicht. Man behält den Überblick obwohl die Verhandlung aus juristischer Sicht hoch komplex ist.

Solide in Szene gesetzt von Kameramann Phedon Papamichael liegen die Stärken von Chicago 7 in der bis in die Nebenrollen exzellenten Besetzung und dem Drehbuch von Sorkin. Glaubt man den Branchenblättern, kann sich Sorkin große Chancen auf einen Oscar ausrechnen. Aber was weiß man in diesem Jahr schon. The Trial of the Chicago 7 ist jedenfalls der Beweis, dass sich dieses Kinojahr, auch was den US-Film betrifft, keineswegs verstecken muss.

Streamingdienst

Netflix


THE TRIAL OF THE CHICAGO 7 | AARON SORKIN | USA 2020 | 130 MIN. | 4.5 out of 5 stars



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