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Auf halbem Weg zwischen Central Park und Empire State Building befindet sich das Hauptgebäude der New York Public Library. Geht man vorbei an den großen Löwenstatuen die Treppen hinauf und betritt es durch die Drehtüren, lässt man den Lärm der Großstadt hinter sich und taucht in eine eigene Welt ein. Nicht nur die dortige Stille fasziniert Regisseur Frederick Wiseman. Wer glaubt, eine der größten Bibliotheken der Welt bestünde nur aus Büchern und Archiven, sollte sich diese Dokumentation ansehen.

Die New York City Library ist ein privates Großunternehmen mit einem Budget von 250 Mio. $. Mit staatlicher Finanzierung, die 61% des Budgets ausmacht, betreibt sie als private-public-partnership 88 Filialen, Gemeinde- und Kulturzentren. Dabei hat man es sich zum Ziel gesetzt einen barrierefreien Zugang zu Bildung zu ermöglichen.

Dazu gehören unter anderem Schulungs- und Bildungsprogramme, Podiumsdiskussionen und Konzerte, frühe Alphabetisierungsprogramme und der freie Zugang zu Computern und Internet, sowie das Erlernen der Blindenschrift. Dabei werden die unterschiedlichsten Bevölkerungsschichten angesprochen. Im Bronx Library Center erfahren Interessierte alles über Bürgerrechte und Sozialen Wohnbau. Man versteht sich als zentralen Ort der Inklusion und sieht im Zugang zu Information eine grundlegende Lösung des Problems der Ungleichheit. Dabei stellt sich auch die Frage, wo die Grenzen der Zuständigkeiten verläuft. Wo liegen die Verantwortungen bei der Stadt?

Das Bild des Trubels in der Großstadt im Gegensatz zu einem Ort der Ruhe und Kontemplation setzt Wiseman immer wieder als Überleitung zu den verschiedenen Außenstellen ein. EX LIBRIS ist nicht nur das Porträt einer Institution, sondern auch der Stadt und ihren Menschen. Wiseman ist als Vertreter des direct cinema reiner Beobachter. Es gibt keinen Kommentar. Das mag durchaus fordernd sein. Auch hinsichtlich einer Länge von 196 Minuten. Wie immer lohnt es sich jedoch, sich darauf einzulassen.

Für Frederick Wiseman ist die Bibliothek Hüter der amerikanischen Geschichte und nationales Gewissen. Dabei erfüllt sie eine soziale Funktion. Weniger kritisch als sonst, präsentiert Wiseman eine Leistungsschau einer bedeutenden Institution der USA. Sie vereinigt alles, so Wiseman, was Präsident Trump hasst. Ein Ort der Bildung als Bollwerk gegen zweifelhafte Fakten und mit der Idee der Chancengleichheit.

Frederick Wiseman | USA 2017 | 196 Min | 4 out of 5 stars

Foto © Filmladen Filmverleih

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