Vincent Van Gogh At Eternity’s Gate

Willem Dafoe spielt mit 63 Jahren einen 37-Jährigen so, als wäre es das Selbstverständlichstes auf der Welt und überhaupt undenkbar, dass jemals jemand anderer Vincent von Gogh spielen könnte. Regisseur Julian Schnabel versucht in Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit die Perspektive des großen Künstler einzunehmen, der Zeit seines Lebens zwischen Genie und Wahnsinn gefangen war.

Die Handkamera, ein Weitwinkelobjektiv und Bilder mit einer teilweisen Unschärfe sollen einen Einblick in das Denken und die Visionen von Van Gogh geben. Damit das Publikum nicht überfordert wird, kommt zur Stimme aus dem Off eine Schwarzblende. Als dränge der Zuseher in den Kopf Van Goghs ein. Die Bilder und Farben kommen dann wie von selbst. Terence Malick lässt grüßen.

Einmal gibt es eine Szene in Schwarzweiß. Wie leblos wirkt da das gerade im Entstehen befindliche Gemälde! Schnabel möchte die Aufmerksamkeit so auf die Oberflächenstruktur lenken. Van Goghs Weggefährte Paul Gauguin (Oscar Isaac) hält zuerst nicht viel von den Bildern, findet aber die dick aufgetragene Farbschicht bemerkenswert, die den Bildern eine Plastizität verleiht.

Wie schon in der gemalten kriminalistischen Aufarbeitung in Loving Vincent (2017), bezieht sich auch Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit auf die Theorie, dass der Maler an den Folgen eines Attentats gestorben ist. Darüber gesprochen hat er in den letzten Tages seines Lebens allerdings nie. Die Ereignisse um seinen Bauchschuss bleiben bis heute rätselhaft.

Die Besetzung ist neben dem großartigen Dafoe nicht minder spannend. Das Who is Who aus Van Goghs Bildern ist versammelt: Mathieu Amalric ist Van Goghs Arzt Paul Gachet und Emmanuelle Seigner Madame Ginoux. Mads Mikkelsen ist ein Priester und Rupert Friend der wichtige Förderer Bruder Theo. Die Meisten von ihnen wurden durch Van Goghs Bilder unsterblich.

Schnabel, selbst Maler, möchte mit seinem visuellen Stil das Innere Van Goghs nach außen kehren. Daher ist es kein klassisches Biopic geworden sondern vielmehr ein Psychogramm. Das Publikum soll in die Schuhe des Malers schlüpfen und mit seinen Augen die Welt sehen. Einem Mann, der sich seiner Obsession völlig hingegeben hat, oft sehr zum Leidwesen seiner Mitmenschen. Nur ein Bild hat er zu Lebzeiten verkauft. Eine alte Geschichte. Scheinbar wusste er, dass er seiner Zeit voraus war. Der Filmtitel von Schnabels Version macht deutlich, was Van Gogh selbst schon geahnt hatte.

Im Gegensatz zu Julian Schnabels exzentrischem Auftreten wirkt der Film gar bescheiden. Im Zentrum steht aber sein Hauptdarsteller Willem Dafoe. Für diese Rolle wurde er neuerlich für einen Oscar nominiert und auf dem Filmfestival in Venedig mit der Coppa Volpi als bester Schauspieler geehrt. Er zählt zu den herausragendsten Schauspielerpersönlichkeiten unserer Zeit.

JULIAN SCHNABEL | USA/F 2018 | OT: AT ETERNITY’S GATE | 111 Min. | 3.5 out of 5 stars

© Foto: Filmladen Filmverleih

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