OneBattleAfterAnother-1280×720

★★★★
Mit Leonardo DiCaprio, Teyana Taylor, Benicio del Toro, Chase Infiniti, Sean Penn Regie Paul Thomas Anderson
Ab Länge 162 Min.

Es ist eine nur immer ersten Moment schräg anmutende Geschichte, die Paul Thomas Anderson nach einem Roman von Thomas Pynchon in das Drehbuch zu ONE BATTLE AFTER ANOTHER gepackt hat. Etwa 16 Jahre zurück befreit eine Widerstandsgruppe in den USA Migranten aus einem Internierungslager nahe der mexikanischen Grenze aus der Polizeigewalt von US-Marshals unter dem Kommando von Colonel Steven J. Lockjaw (Sean Penn). Der Colonel trifft dabei auf die Aktivistin Perfidia Beverly Hills (Teyana Taylor) und fühlt sich von ihr sexuell angezogen. Eigentlich lebt Perfidia mit dem Sprengstoffexperten Bob Ferguson (Leonards DiCaprio) zusammen, doch sie macht sich die Hörigkeit des Colonels zu nutze, um mit ihrer Gruppe weiterhin Aktionen durchführen zu können.

In der Gegenwart lebt der versoffene und verwahrloste und nun ehemalige Revoluzzer Bob Ferguson mit seiner Tochter Willa zurückgezogen im Wald. Perfidia ist in der Zwischenzeit untergetaucht und Bob lebt unter der ständigen Angst, doch noch von Colonel Lockjaw ausgeforscht zu werden. Als Lockjaw dem „Christmas Adventurers Club“, eine Gruppe weißer rassistischer Katholiken, beitreten möchte, muss er davor sicher stellen, nicht der Vater eines Mischlingskindes zu sein und macht sich auf die Suche nach Willa. Bobs Alptraum wird war und er muss seine alten Kontakte aus dem Widerstand wieder aufnehmen, um seine Tochter zu retten, was ihm einiges an Schwierigkeiten bereitet, da er sich zu lange seiner Leidenschaft nach Alkohol und Drogen hingegeben hat und sich an die Codewörter zur Kontaktaufnahme nicht mehr erinnern kann …

Colonel Steven J. Lockjaw (Sean Penn) als Paradeexemplar der Alt-Right Bewegung in den USA.

Kurzkritik

Eines war bereits vor dem Kinostart klar: Paul Thomas Anderson konnte sich der Vorschusslorbeeren nicht entziehen. Sowohl Kritiker*innen als auch Regiekollegen waren sich einig, dass sein neuester Film nicht nur an seine großen Erfolge anschließt, sondern gar ein moderner Klassiker werden würde. Ein Film der Tief in die Seele eines ideologisch geteilten Landes blicken lässt. Ein Land, in dem Polizeigewalt vorherrscht und klerikale Extremisten ihre rassistischen Pläne umzusetzen versuchen. In diesem Jahr wurde ONE BATTLE AFTER ANOTHER noch dazu von der Realität eingeholt. Die USA bewegen sich in großen Schritten Richtung Autokratie, die im Hintergrund von fundamentalen faschistischen und religiösen Ideen geprägt ist.

Die politische Aktualität ist es jedoch nicht alleine. Leonardo DiCaprio spielt wieder einmal die beste Rolle seines Lebens (vielleicht kann man endlich einmal akzeptieren, dass DiCaprio einfach ein guter Schauspieler ist). Sean Penn ist als stocksteifer, stolzer, weißer Colonel mit dem Haarschnitt eines Paradiesvogels eine Witzfigur aber brandgefährlich zugleich (die Chancen auf einen dritter Oscar stehen nicht all zu schlecht) und Chase Infiniti kann sich in ihrer ersten Filmrolle gegenüber der starken Leinwandpräsenz ihrer Kollegen überzeugend behaupten. Interessant sind zudem die Identitätsfragen, die Fragen ihr Charakter im Kontext des Films aufwirft. Was macht eine typische US-Amerikanerin heute aus?

ONE BATTLE AFTER ANOTHER macht eine Genrezuschreibung schwierig. Sie reicht von Action-Komödie und Thriller bis Screwball-Comedy. Es dauert etwas, bis die Geschichte in die Gänge kommt. Ab dem Zeitsprung wird es aber sehr unterhaltsam. Das macht die lange Laufzeit vergessen. Die Geschichte gipfelt in einer spektakulär inszenierten und viel gelobten Verfolgungsjagd auf einem hügeligen Highway, bei der die Autos immer wieder aus dem Blickfeld verschwinden und durch die Langsamkeit der Sequenz Spannung erzeugt wird.

Paul Thomas Anderson ist eine absurde Komödie mit einem starken Ensemble gelungen. Es ist nur fraglich, ob sein bisher teuerster Film sein Publikum in einem Ausmaß finden wird, dass er auch ein kommerzieller Erfolg werden wird. Zumindest in den USA wird sich die Spaltung des Landes auch am Boxoffice bemerkbar machen. Man merkt es bereits an den Kommentare, wenn es heißt, wie Hollywood gerade jetzt eine linksradikale Gruppierung auf die Leinwand bringen kann. Freilich von Leuten, die den Film nie gesehen haben. Aber Nichtwissen und Urteilen ist längst auch abseits der Sozialen Medien salonfähig geworden.

Vom Blockbuster Mainstream ist die Satire weit entfernt. Stephen Spielberg fühlt sich an DR.. STRANGELOVE OR: HOW I LEARNED TO STOP WORRYING AND LOVE THE BOMB erinnert. Dieser Vergleicht trifft auch ziemlich gut zu. Ähnlich wie Alex Garland‘s CIVIL WAR zeigt ONE BATTLE AFTER ANOTHER ein Land, das zwischen die Fronten geraten ist. Wenn auch auf humorvolle Weise aber trotzdem mit dem Bewusstsein, das die kruden Ideen extrem rechter Ideologen längst Realität geworden sind. Bei CIVIL WAR war es noch eine Zukunftsvision und das ist erst wenige Monate her.

TITEL: ONE BATTLE AFTER ANOTHER, USA 2025
Action,, Komödie, Thriller Ab Länge 162 Min.
Regie Paul Thomas Anderson Drehbuch Paul Thomas Anderson Kamera Michael Bauman Schnitt Andy Jurgensen
Musik Jonny Greenwood Mit Leonardo DiCaprio, Teyana Taylor, Benicio del Toro, Chase Infiniti, Sean Penn


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