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Joaquin Phoenix, im vergangenen Jahr bei den Filmfestspielen in Cannes für seine Rolle ausgezeichnet, ist Joe. Regisseurin und Drehbuchautorin Lynne Ramsay (Drehbuchpreis in Cannes) lässt das Publikum zu Beginn im Ungewissen darüber, wer er eigentlich ist und was er so tut. Joe scheint ein Auftragsmörder zu sein. Aber ist das die ganze Wahrheit?

 

„You were never really here“, wie der Film im Original nach einem Roman von Jonathan Rames heisst (für gewöhnlich hängt eine derartige Namensänderung mit dem europäischen Urheberrecht zusammen), erschließt sich durch Rückblenden, die messerscharf die Handlungsebene durchpflügen. So erfährt man nach und nach, dass Joe eine traumatische Kindheit hatte und sich grausame Erlebnisse während seiner Zeit als Soldat in seiner Erinnerung eingebrannt haben. Es stellt sich heraus, dass er es sich zur Aufgabe gemacht hat Kinder aus der Gewalt von Menschenhändlern und Pädophilenringen zu befreien. Als er sich auf die Suche nach Nina (Ekaterina Samsonov), der Tochter eines Senators, begeben soll, gerät die Rettungsaktion außer Kontrolle.

 

Joe ist kein Mann der großen Worte und scheut vor exzessiver Gewaltanwendung nicht zurück. Ramsay interessiert sich aber mehr für seine Person, denn für seine Taten. Phoenix‘ körperbetonte Performance ist eine vielschichtige Charakterdarstellung. Joe lebt immer noch mit seiner Mutter (Judith Roberts) zusammen. In dieser geschützten Umgebung kommt ein direkt kindliches Gemüt zu Tage. Aber diese Sicherheit ist trügerisch.

 

Selbst die Straßen von New York wirken hier bedrohlich. Der Verkehrslärm ist dröhnend laut. Es ist die Umgebung, in der sich Joe bewegt und unter deren Oberfläche sich ein moralischer Sumpf auftut. Verbrechen, mit Verstrickungen in höchste politische Kreise. Jonny Greenwood Filmmusik ist verstörend und wirkt deplaziert, unterstreicht aber die ambivalente Gefühlswelt des Hauptcharakters.

 

„A Beautiful Day“ ist eine düstere und intensive Kinoerfahrung. Ramsay ist durch ihre kompakte und präzise Inszenierung ein handwerkliches Meisterwerk gelungen. Pures energetisches Kino mit einem großartigen Joaquin Phoenix.

 

Lynne Ramsay | F/USA/GB 2017 | 90 Min | 4 out of 5 stars

 

© Foto: Constantin Film

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