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Die auf dem Filmplakat angedeutete Runenschrift zeigt, was die Ermittler 12 Jahre lang ausgeschlossen hatten. Sie vermuteten in den Anschlägen von Nürnberg und Köln Täter im migrantischen Umfeld der Opfer. Nur durch einen Zufall stieß man Jahre später auf den Nazionalsozialistischen Untergrund (NSU). Nicht Banden- und Drogenkriminalität sondern der Hass auf Ausländer war das Motiv der Terroristen.

Fatih Akin macht dieses ruhmlose Kapitel der jüngeren deutscher Geschichte zum Thema seines neuen Filmes. Ausgehend von dem Nagelbomben-Attentat in Köln rückt er Katja (Diane Kruger) ins Zentrum. Wie aus dem Nichts hat sie bei dem Anschlag Mann und Sohn verloren. Der Schicksalsschlag wird noch dadurch verschärft, als die Polizei ihren Mann ins Zentrum der Ermittlungen rückt. Ein vorbestrafter Deutschtürke und eine offenbar drogensüchtige Ehefrau. Das Vorurteil ist schnell gefällt. Katja muss irgendwann erkennen, dass es in ihrer Welt keine Gerechtigkeit geben kann.

Es ist Krugers erste deutschsprachige Rolle und sie ist ein Beispiel dafür, zu welcher Leistung ein Regisseur eine Schauspielerin bringen kann. Ihr Schauspiel ist von einer natürlichen Emotionalität, wie man sie bei dem Hollywoodstar bisher nicht sehen konnte. Es ist die Rolle ihres Lebens. Zu Recht wurde sie in Cannes als beste Schauspielerin ausgezeichnet.

Was Krugers Leistung angeht, sind sich auch alle einig. Bei Akins Film als Ganzes gehen die Meinungen allerdings auseinander. Während der Film in den USA gefeiert wird und den Golden Globe für den besten fremdsprachigen Film erhielt, stieß er in Europa auf weniger Euphorie. An die Mischung von realen Ereignissen und Genrefilm und ist man in den USA gewöhnt. Ist die Gradwanderung zwischen Rachethriller und Drama von gesellschaftlicher Relevanz geglückt? Im Mittelteil kommt es zum Prozess. Da sich Akin in erster Linie für die Geschichte seiner Hauptfigur interessiert, ist die Schilderung der Verhandlung stark verkürzt, trocken und technisch. Die Anklage steht und fällt mit der Aussage des Vaters (Ulrich Tukur) einer der Täter und Katjas Drogenkonsum, auf den sie der Verteidiger (Johannes Krisch, herrlich unsympathisch) festnageln möchte.

Fatih Akin findet wieder zu der Intensität und Dringlichkeit von „Gegen die Wand“ zurück. Das Unheil kündigt sich nicht an. Umso eindringlicher kommt es. Der Film lässt sich Zeit und ist trotz aller Dramatik unaufgeregt. Die Explosion sieht man nicht. Dafür eine unerträglich explizite Beschreibung des Tatorts vor dem Gericht.

„Aus dem Nichts“ hat es auf die Shortlist für den Oscar in der Kategorie „Bester Fremdsprachiger Film“ geschafft. Die Konkurrenz ist wie gewohnt stark aber sie scheinen den Film da drüben zu mögen. Alles ist möglich.

 

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Fatih Akin  D/F 2017 100 Min.  3.5 out of 5 stars

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