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Der DeLorean DMC-12 poppt auf wie aus dem Nichts an seinen Startplatz zu einem spektakulären Autorennen, in dem es vor futuristischer Kulisse einen T-Rex und King Kong zu überwinden gilt. Kennzeichen: Parzival. Der Fahrer ist ein Avatar, wie alle Charaktere in dieser virtuellen Welt, die sich OASIS nennt. Ein Multiplayer Online Game. Eingefallen ist das alles Ernest Cline, der mit der Buchvorlage 2011 einen Bestseller landete. Der Autor dieser Zeilen kennt die Vorlage nicht. Sie dürfte kein Meisterwerk sein, erlangte jedoch Kultstatus. Tonnenweise Referenzen an die Achtzigerjahre erweckten das Interesse von Steven Spielberg, der selbst einige seiner größten Erfolge als Vertreter der New Hollywood Era in diesem Jahrzehnt feierte.

Der heilige Gral

Die Story ist schnell erzählt: In gar nicht all zu ferner Zukunft ist aus der Erde ein dystopischer Ort geworden, an dem sich kein Mensch länger als notwenig aufhalten möchte. So flüchtet jung und alt in den Cyperspace. Genauer gesagt in das von James Halliday (Mark Rylance) erschaffene OASIS. Mit einer VR Brille auf dem Kopf kann so jeder in einen Avatar schlüpfen und in der virtuellen Welt im ultimativen Videospiel das große Abenteuer suchen. Als Halliday das zeitliche segnet, verlautbart er der Cummunity, dass er drei Schlüssel zu einem sogenannten Easter Egg in der virtuellen Welt versteckt hält. Wer sie zu erst findet, erlangt die volle Kontrolle über OASIS. Wade alias Parzival (Tye Sheridan) macht sie wie viele andere auf die Suche nach dem heiligen Gral.

Um Wade bildet sich bald ein bunter Haufen von Gesinnungsgenossen. In OASIS stößt Wade auf Samantha alias Art3mis (Olivia Cooke) und verliebt sich prompt. Dass sie in der Realität eine alternative Widerstandskämpferin im Untergrund ist, mag aufgesetzt wirken. RP1 wartet jedoch mit einem so hohen Tempo auf, dass kaum Zeit bleibt, um genauer darüber nachzudenken. Schon geht es weiter in die nächste Welt, als wäre der Film die neueste Attraktion in einem Vergnügungspark. Das kann mitunter recht anstrengend sein. Vor allem 140 Minuten in IMAX 3D sind fordernd.

Back to the 80s

Dabei muss zu 80er Popmusik gegen Chucky, Freddy Kruger, Michael Myers und durch das aus Shining bekannte Overlook-Hotel gekämpft werden. Teilweise im stakkatoartigen Sekundentakt. Der verklärte Blick auf die 1980er Jahre täuscht jedoch. Nicht Nostalgie war die Motivation von Autor Cline. Er ist schlicht ein Geek, der im realen Leben einen DeLorean sein eigen nennt und auch sonst in popkulturelle Versatzstücke dieser Zeit vernarrt ist. In RP1 hat er sie alle zusammengewürfelt und eine Geschichte um sie gebaut. Sie ist nicht sonderlich gut, weil sie zu viele Fragen aufwirft aber sie unterhält. Und wie! Wem das zu verdanken ist? Ganz klar Steven Spielberg. Nicht auszudenken, wenn sich ein anderer Regisseur an die Umsetzung gewagt hätte. Der Film wäre wohl vorzeitig auf einem Cyberschrottplatz gelandet. Spielberg versteht aber sein Handwerk souverän und so ist es ein opulentes Spezialeffektfeuerwerk geworden, bei dem keine Langeweile aufkommt.

Virtuelle Identitäten

Der Film wirft aktuelle Fragen über virtuelle Identitäten auf, die wir uns gerade dabei sind zu schaffen. Ob wir wollen oder nicht. Eine Verweigerung ist kaum mehr möglich. Am Ende steht die Erkenntnis, dass die reale Welt der Künstlichen doch zu vorzuziehen ist. Nicht zuletzt, weil Konzerne, hier in Form von Innovative Online Industries und Nolan Sorrento (Ben Mendelsohn), versuchen die totale Kontrolle über jeden Einzelnen an sich zu reißen.

Spielbergs Lieblingsschauspieler seit „Bridge of Spies“ hat hier nun endgültig bewiesen, dass er alles spielen kann. Mark „Would it help?“ Rylance war Spion und Riese. Nun verkörpert er einen Nerd in den 20ern und Gandalf in einem Film. Schauspielerisch hat RP1 sonst nicht viel zu bieten. Aber immerhin.

Aber an welches Zielpublikum richtet sich RP1? Dem jungen Publikum ab 12 wird viel entgehen. Um den vollen Spaß aller Anspielungen genießen zu können, muss man kein Kind der 80er sein. Es hilft allerdings sich gut auszukennen. Mit einem Zemeckis-Würfel, dem Overlook-Hotel und Beetlejuice wird man sonst nicht viel anzufangen wissen.

RP1 ist eine spektakuläre Schatzsuche, die zeitweise wie ein Werbeclip für ein Computerspiel anmutet, bei der man sich jedoch gut unterhalten kann und mehr will der Film auch gar nicht.  Es ist also nicht zwingend notwenig, sich mit Ungereimtheiten (T-Rex, King Kong und The Iron Giant?) auseinanderzusetzen. Zurücklehnen, festhalten, hineinkippen und sich auf einen rasanten Trip einlassen. It’s a lot of fun.

Steven Spielberg | USA 2018 | 140 Min. | 3.5 out of 5 stars

Foto © Warner Bros.

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