THE BALLAD OF BUSTER SCRUGGS CR: NETFLIX

Die Coen Brüder bestreiten in ihrem 18. Leinwandabenteuer neue Wege. Nicht nur, dass es bekanntlich gar kein Leinwandabenteuer im buchstäblichen Sinn mehr ist, auch in der Erzählweise und der Produktion gibt es große Veränderungen. Für das Publikum bedeutet das erstmal: ab auf die Couch.

Eine Projektion auf der großen Leinwand blieb nämlich dem Publikum bei den Filmfestspielen von Venedig vorbehalten, wo der Film vergangenen August seine Premiere feierte. Im Gegensatz zu Alfonso Curóns Roma machte Netflix hier keine Ausnahme. The Ballad of Buster Scruggs wanderte direkt auf die Streaming Plattform. Eines darf als sicher gelten: dort haben Ethan und Joel Coen mit den Sehgewohnheiten von uns Couchpotatoes zu kämpfen. Ihr neuestes Werk setzt sich aus sechs Kurzfilmen zusammen. Der Abschaltimpuls dürfte daher hoch liegen. Dabei sollte man sich die Geschichtensammlung, in der sich die Coens als Gebrüder Grimm des Wilden Westens versuchen, auf jeden Fall bis zum Schluss anschauen.

Ein blutroter Faden zieht sich durch die Geschichten von unterschiedlichster Länge. Das Regieduo hat seine tragikomischen Helden schon in der Vergangenheit immer wieder auf die skurrilste Weise sterben lassen. Der Kreativität scheinen auch jetzt keine Grenzen gesetzt. Es wird fleißig gestorben und wenn nur durch einen klassischen Schuss, dann verleiht die Vorgeschichte auch diesem jähen Ende eine zusätzliche Ebene der Betroffenheit.

Auch in der technischen Umsetzung gingen die Coens neue Wege und drehten erstmals mit einer Digitalkamera. Vieles ist also neu. Dass ursprünglich eine Serie geplant war, spielt aber keine Rolle. Die Geschichten sind zwar nicht alle von gleicher Qualität, fügen sich aber schön zu einem Ganzen zusammen. Mit Tom Waits, Liam Neeson und James Franco versammelt sich das gewohnte Starensemble vor der Kamera. Wegen der Erzähltechnik sind alle aber nur in kurzen Rollen zu sehen. Tom Waits als Goldgräber sticht hier besonders hervor. Als er auf der Suche nach einer Goldader singend ein verlassenes Tal betritt, ergeifen sämtliche Tiere sogleich die Flucht. Die Figuren mögen oft dem Untergang geweiht sein und ihr Leben kurz, die Coens hegen ihnen gegenüber aber eine geradezu liebevolle Zuneigung, die sich auf dem Schirm(!) bemerkbar macht.

Die letzte Episode „The Mortal Remains“ wurde, im Gegensatz zu den anderen, zur Gänze in einer Soundstage, also im Studio, gedreht. Die Kutschenfahrt hat nur scheinbar ein offenes Ende. Es ist genau das wonach es aussieht. Und wieder ist die Sammlung der Coens um einen Abgang reicher. Ein Ende, das viele Zuschauer nicht mehr sehen werden. Schade, sie haben etwas verpasst.

Ethan and Joel Cohen | USA 2018 | 133 Min. | 3.5 out of 5 stars

© Foto: Netflix

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