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Den Tiefpunkt seiner Hunderte Millionen Jahren andauernden Evolutionsgeschichte erreichte der Hai im Jahr 2013, als er in Form eines Hai-Tornados, sprich Sharknado, auf der Theke eines Pizzakoches landete und es Haie über ganz New York regnete. Einen unrühmlichen Höhepunkt erlebte er keine 40 Jahre davor in Steven Spielbergs Der Weiße Hai (Jaws, 1975). Ein Filmklassiker, dem unzählige überwiegend trashige Imitationen folgten. Der Hai wurde zum Schrecken der Weltmeere. Gleichzeitig ist seine Schwanzflosse in manchen Ländern eine Delikatesse. Sie wird ihm brutal abgeschnitten und der Rumpf zurück ins Meer geworfen. Obwohl der Hai kaum natürliche Feinde hat, wurde ihm das Leben in den letzten Jahrzehnten nicht leicht gemacht und auch diese Woche wird es nicht besser.

Die Ausgangslage in Jon Turteltaubs The Meg ist vielversprechend. In einer internationalen Unterwasserforschungsstation glaubt man kurz vor einer sensationellen Entdeckung zu stehen. An einer Stelle im Marianengraben, wo man bisher den tiefsten Punkt des Meeresgrunds vermutete, geht das Team von Wissenschaftlern rund um Dr. Zhang (Winston Chao) und seiner Tochter Suyin (Li Bingbing) davon aus, dass es sich nur um eine Art Schutzschicht aus Gasen handelt und darunter eine völlig unbekannte Welt verborgen liegt. Sie liegt, der Traum eines jeden Tiefsehforschers. Allerdings ist der Mensch gleichzeitig in das Habitat einer Spezies eingedrungen, die seit gut einer Million Jahren als ausgestorben galt: der Megalodon, die wahrscheinlich größte Haiart, die je die Erde bevölkerte. Mit einer vermuteten Körperlänge von an die 20 Meter mutet der große Weiße im Vergleich wie ein Baby an. Es geht schief, was schief gehen kann. Das Forschungs-U-Boot wird attackiert und der ehemalige Taucher Jonas Taylor (Jason Statham) muss herbei um die festsitzenden Wissenschaftler zu retten. Der Einzige, der je eine Rettungsaktion in 10.000 Meter Tiefe überlebt hat.

Soviel zur Handlung, die so voll von Stereotypen ist, dass man nie sicher sein kann, ob es sich um eine Persiflage handelt oder das alles ernst gemeint ist. Zumindest im Falle von DJ (Page Kennedy), Afroamerikaner und Nichtschwimmer, ist Zweiteres zu befürchten. Als zwei TV-Helikopter beim Rennen um das beste Bild frontal zusammenstoßen, kann man am ehesten noch von einem kritischen Moment sprechen. Nicht dass man dies von so einem Film erwarten würde. Die eindimensionalen Charaktere sind dem Bestsellern Meg von Steven Alten entsprungen. Also bei einem etwaigen Erfolg (die ansprechende Plakatkampagne wird ihren Teil dazu beitragen) ist mit Fortsetzungen zu rechnen, wo es einzig darum geht, wer überlebt und wann und auf welche Weise es die auserwählten Opfer erwischt.

„This is the worst thing, I’ve ever seen.“ Wenn ein Film so beginnt, kann man ihm zumindest einmal keinen Mangel an Selbstironie vorwerfen. Am spannendsten war es immer, wenn sich die vermeintlichen Opfer und mit ihnen das Publikum im selben Element befanden. Das passiert hier gerade nach fast 90 Minuten. Nichts stellt diese Ausweglosigkeit besser dar, als wenn die Gefahr aus allen Richtungen kommen kann und man orientierungslos im Wasser schwimmt. Dabei hat der Hai bereits nach 40 Minuten seinen ersten Auftritt. Spielberg legte in Der Weiße Hai Wert darauf, dass dieser in der ersten Stunde nicht zu sehen ist und steigert die Erwartungshaltung so ins unermessliche. Dieser Spannungsaufbau fehlt hier völlig. Auch weil einem die Charaktere völlig egal sind.

Aber zurück zum Star des Filmes und somit zum Kernpoblem. Dass es sich beim Meg um eine Bestie handelt, liegt im Wesen des ganzen Genres. Anders als der Weiße Hai ist dies auch eine prähistorische Art. Mit einem Schlag jedoch sämtliche vorkommenden Haiarten als aasfressende Ungeheuer darzustellen ist gelinde gesagt ein Skandal. Gerade im Kontext einer Forschungsstation hätte man diese Tiere als das darstellen können was sie sind, nämlich hochintelligent, mit über Jahrmillionen perfektionierten Körpern und Verhaltensweisen und für Menschen relativ ungefährlich. Somit befördert der Film neuerlich, dass Haie gejagt werden. Eine verpasste Chance, dem Hai ein besseres Image zu verpassen.

Der wahre Horror spielt sich gegen Ende am Strand von Sanya auf der Hainan-Insel ab. Tausende Menschen im Meer, dicht gedrängt mit ihren bunten Schwimmreifen. Das Wasser ist kaum zu sehen. Ein paar schöne Happen für den Meg. Das Auge isst bekanntlich mit. Regisseur Turteltaub ist mit dem fertigen Film nicht ganz zufrieden. Man kann es sich aufgrund der FSK Freigabe ab 12 Jahren denken: die blutigsten Momente wurden herausgeschnitten. Die hohen Produkionskosten machten dies notwendig. Mit der unzensurierten Version kann man mit Erscheinen der DVD/Bluray rechnen. Unter bestimmten Einflüssen kann The Meg schon Spaß machen, aber nicht mehr also dutzende derartige Filme davor auch. The Shallows (2016) mit Blake Lively war zuletzt ein gelungenerer Versuch, den Kampf Mensch gegen Natur keine 200 Meter vom Strand spannend umzusetzen. „You’re going to need a bigger boat.“ hieß es in Der Weiße Hai. Richtig geraten, das Boot ist in The Meg immer noch zu klein. Der Mensch hat vor und hinter der Kamera nichts dazugelernt.

Jon Turteltaub | USA 2018 | 115 Min | 2 out of 5 stars

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