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Willkommenspolitik und Umweltschutz, Political Correctness und Genderwahn. Medien wie Politik wird vorgeworfen, den Kontakt zu den Menschen verloren zu haben, indem sie ihnen die Themen vorgeben, die gerade relevant erscheinen und Meinungen in eine bestimmte Richtung beeinflussen wollen. Zwischen den Städten und dem Land haben sich Gräben aufgetan. Ob diese wiederum konstruiert sind oder nicht spielt erstmal keine Rolle. Seien es geschlossene Postämter oder andere fehlende Infrastruktur und Ängste vor Entwicklungen, die man nicht unter Kontrolle hat, ein gewisser Teil der Bevölkerung fühlt sich ausgegrenzt und vernachlässigt.

Missouri, der Swing State im Mittleren Westen ist für die USA in etwa sowas wie das Waldviertel für Österreich. Weiter weg von „denen da oben“ geht nicht. Ein Mikrokosmos, dem sich Martin McDonagh in seinem erst dritten Spielfilm annimmt, genauer gesagt der fiktiven Kleinstadt Ebbing. Hier gehört Rassismus zum Alltag wie am Sonntag der Gang in die Kirche.

Mildred Hayes (Frances McDormand), die Frau mit den tiefen Augenfalten, dem verbissenen Blick und dem blauen Overall, ist eine, die von ihrer Umgebung als Unruhestifterin gesehen wird. Eines Tages mietet sie drei Werbetafeln (engl.: Billboards) auf der Einfahrtsstraße nach Ebbing. Darauf ist „Raped While Dying“, „Still No Arrests?“ und zuletzt „How come, Chief Willoughby?“ zu lesen. Vor sieben Monaten hat Mildred ihre Tochter verloren. Sie wurde vergewaltigt, ermordet und verbrannt. Vom Täter fehlt jede Spur, was sie Sheriff Bill Willoughby (Woody Harrelson) nun ganz plakativ vorwirft. Man kann den Schmerz der Mutter nachvollziehen.

Der Sheriff, in den USA von der lokalen Bevölkerung gewählt, erfreut sich hoher Beliebtheit. Mildreds Provokation stoßt auf wenig Verständnis. Wer in Willoughby den kratzbürstigen und empathielosen Beamten vermutet, wird bald eines besseren belehrt. Überhaupt spielt der Film mit Erwartungshaltungen und stellt das Publikum durch die Ambivalenz seiner Charaktere auf die Probe. Der Willoughby unterstellte Officer Jason Dixon (Sam Rockwell) ist ein widerlicher Rassist. Hayes ist für ihn ein Feindbild von vielen. Gerade dieser Dixon übernimmt in der zweiten Hälfte des Filmes die nicht einmal so unsympathische tragende Rolle. Kann das sein? Darf das sein? Das Drehbuch zeichnet sich durch unerwartete Brüche aus, die das Publikum auf eine emotionale Achterbahnfahrt mitnehmen.

Der Film wirft allerhand Fragen auf. Kann es in so einem Fall etwas wie Gerechtigkeit geben? Hayes macht deutlich, zu welchen Taten ein tiefer Schmerz verleiten kann. Ein Urteil über einen Menschen ist schnell gefällt aber lassen sie sich, wie im Fall der Polizisten, so einfach charakterisieren? Das Recht auf Läuterung kann wohl niemanden vorenthalten werden, reicht es aber aus, einfach einmal die richtigen Entscheidungen zu treffen?

THREE BILLBOARDS OUSIDE EBBING, MISSOURI ist ein sehr unterhaltsamer Film voll zynischem und derbem Humor. Die Pointen sitzen und im nächsten Moment bleibt einem das Lachen im Hals stecken. Durch die heiteren Momente vor dem ernsten Hintergrund dieser brutalen Geschichte erlangt der Film eine emotionale Tiefe, die durch eine exzellente Ensembleleistung noch verstärkt wird. Bei den Golden Globes erhielt der Film Preise für den besten Film, das beste Drehbuch (ebenso in Venedig ausgezeichnet) und Darstellerpreise für Frances McDormand und Sam Rockwell. Nun auch noch neun Oscar Nominierungen, darunter die wichtigsten Kategorien. Einer dieser Filme des Jahres.

 

Martin McDonagh USA 2017 116 Min.  4 out of 5 stars

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