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Wenn irgendwo auf der Welt jemand eine Pistole an den Kopf gehalten bekommt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Schriftzug „Glock 17 Austria“ auf dem Lauf eingraviert ist. Produziert wird sie unter anderem in Deutsch Wagram, vor den Toren Wiens, wo sich zwischen Bahnhof und Einfamilienhäusern hinter einer hohen Mauer eines von zwei Werken befindet. Zehntausende Pistolen verlassen Monat für Monat die Fabrik und gelangen irgendwann in die entlegensten Winkel der Erde.

Es ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Anfang der 1980er vom Wiener Gaston Glock entwickelt, ist die 17 Patente umfassende halbautomatische Schnellfeuerwaffe aus Kunststoff zu einem Kultobjekt geworden. Leicht zu bedienen und zuverlässig. Darauf vertrauen Polizisten, Sportschützen, Leinwandhelden, Gangsterrapper, Militärs und Terroristen von den USA bis Bagdad. Nur in Österreich wird das alles ziemlich verdrängt. Fritz Ofner und Eva Hausberger versuchen in ihrer Dokumentation das Phänomen näher zu beleuchten.

Die Türen zum Konzern blieben ihnen dabei verschlossen. Kein aktiver Mitarbeiter war zu einem Gespräch bereit. Offizielle Stellungnahmen gibt es ohnehin nie. Man verkehrt lieber über Anwälte. Mit allen Mitteln wird versucht, kritische Berichterstattung zu verhindern. Dass in Österreich zahlreiche Medien auf Beiträge zur Dokumentation lieber verzichten, zeigt die engen wirtschaftlichen Verflechtungen der Waffenindustrie.

Also versuchten sich Ofner und Hausberger über ehemalige Mitarbeiter und jene, die von der Waffe mit Vorliebe Gebrauch machen, zu nähern. Da ist zum Beispiel der Waffenhändler aus den USA, der feuchte Augen bekommt, wenn er eine Glock in Händen hält und ins Schwärmen über seinen Besuch in der Fabrik in Österreich gerät. Jeans Cruz kommt zu Wort, jener Soldat, der Saddam Husseins Versteck als erster betrat und dessen Besitz sicherstellte. Darunter befand sich eine Glock. Sie befindet sich nun in einem Museum. Charles Ewert, Ex-Treuhänder, auch „Panama Charly“ genannt, erzählt von seinem ehemaligen Arbeitgeber. Er sitzt im Gefängnis und soll in einen missglückten  Auftragsmord an Gaston Glock in einer Luxemburger Tiefgarage verwickelt gewesen sein.

Es ist der erste Versuch, hinter die Kulissen des Konzerns zu Blicken, dem jahrelange Recherchen vorausgingen. Ortner und Hausberger gelingt es dabei, möglichst neutral zu bleiben. Niemand wird vorgeführt oder angeprangert. WEAPON OF CHOICE beantwortet keine Fragen, wirft jedoch einige auf. Zum Beispiel wieso so viele Waffen in die Hände von Terroristen gelangen. Der Film regt zur Diskussion an. Ein erster wichtiger Schritt.

Eine Frage wird dann doch beantwortet. Warum nämlich der Konzern davon profitiert, wenn dessen Name im Zusammenhang mit einem Terroranschlag genannt wird. Die Glock funktioniert eben.

Der Firma Glock ist es nicht geglückt, den Film zu verhindern. Ein Jahr nach der Weltpremiere beim This Human World Filmfestival läuft die Dokumentation nun regulär im Kino an.

Fritz Ofner, Eva Hausberger | A 2017 | 90 Min | 4 out of 5 stars

Foto © Polyfilm Filmverleih

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