Sechs Jahre sind vergangen, seitdem die Videospielfigur Randale-Ralph genug davon hatte, tagtäglich den zerstörerischen Bösewicht spielen zu müssen. Ralph verließ sein Computerspiel um sich gemeinsam mit der Rennfahrerin Vanellope van Schweetz zu einer abenteuerlichen Reise durch das Litwak’s Family Fun Center aufzumachen. Ralph reichts (2012) strotze regelrecht vor kreativen Ideen und Querverweisen zum Videospieleuniversum. Nun ging man bei Disney mit Chaos im Netz noch einen Schritt weiter.
Die Rollen sind nun vertauscht. Ralph führt mittlerweile ein zufriedenes Leben. Er hat sich mit den Mitbewohnern seines Spiels arrangiert und sein Counterpart Felix führt die absurdeste Ehe des ganzen Universums. Nur Vanellope wird es in ihrem Rennspiel Zusehens langweiliger. Eines Tages schließt Spielhallenbetreiber Mr. Litwak ein Modem an den Stromkreis und somit die Spielhalle an das Internet an. Ein defektes Teil an Vanellopes in die Jahre gekommener Spielkonsole „Sugar Rush“ macht es bald notwendig, dass sie sich mit Ralph auf die Suche nach einem Ersatzteil ins Internet begibt. Es droht das Videospiel verschrottet zu werden, was für die Bewohner Obdachlosigkeit zur Folge hätte.
Das Internet mag heute für Groß und Klein allgegenwärtig sein, so ganz verstehen werden das die meisten Kinder wohl eher nicht. Chaos im Netz entwirft eine liebevolle und detailreiche Visualisierung jenes Ortes, der für uns zum zentralen Treffpunkt geworden ist. Sämtliche Konzerne und deren Internetplattformen sind natürlich mit dabei: ein großer Bazar, Bäume voll blauer Vögel, die unentwegt Nachrichten zwitschern und mitten drin natürlich der Alleswisser. Popups schwirren herum, unter ihnen Mr. Spamley und versuchen mit lukrativen Jobs („Werden sie reich mit dem Internet!“) und anderen Angeboten Kundschaft zu gewinnen. Es ist die Zukunftsvision einer Stadt, wie wir sie schon oft gesehen haben. Hier erinnert sie mehr an eine Dauerwerbesendung.
Über all den großen Namen der Internetwelt schwebt allerdings der produzierende Konzern Disney und der kostet nur erstmals aus, was er in den letzten Jahren alles an Lizenzen angehäuft hat. Marvel- und Star Wars- Figuren haben ebenso einen Auftritt, wie sämtliche Disney-Prinzessinnen, die als ärgste Tussen gelangweilt in Dornrösschens Schloss abhängen. Sie erweisen sich als Retter in der Not. Die Avengers für Mädchen sozusagen. Das alles macht erstaunlich viel Spaß. Das Drehbuch für ein Prinzessinnen-Crossover liegt bestimmt schon in irgendeiner Schublade.
Chaos im Netz wartet mit so mancher Weisheit auf (Lese niemals Kommentare!), zentrales Thema ist aber was man sich vom Leben erwarten darf und was das für eine Freundschaft bedeutet. Da wird der Film naturgemäß etwas moralisch. Eine gehörige Portion Humor bewahrt das Abenteuer aber davor, zu sehr in diese Richtung abzugleiten. Einmal fragen Arielle, Pocahontas, Cinderella & Co Vanellope nach dem obligatorischen Lied über ihre Träume. Woraufhin sie in eine Pfütze eine Ode an das „Slaughter Race“ singt.
Das große Finale ist eine Hommage an King Kong und wer immer schon wissen wollte, wozu Pinterest eigentlich gut ist, hier erfährt man es. Produktplatzierungen erreichen in Chaos im Netz einen nie dagewesenen Höhepunkt. Gleichzeitig ist es beeindruckend zu sehen, wie gut das Uhrwerk läuft. Disney zeigt neuerlich, dass man mit der eigenen Geschichte durchaus selbstironisch umgehen kann.
Rich Moore, Phil Johnston | OT: Ralph Breaks the Internet: Wreck-It Ralph 2 | USA 2018 | 113 Min |
Foto (c) The Walt Disney Corp.