COLD WAR PAWEL PAWLIKOWSKI

In der polnischen Provinz soll der Komponist Wiktor (Tomasz Kot) im Auftrag des Ministeriums ein folkloristisches Ensemble zusammenstellen. Zu diesem Zeck werden Tänzerinnen und Sängerinnen gecastet. Es ist das Jahr 1949. Für den Staat ist es eine identitätsstiftende Maßnahme, mit der die Landsleute in einer entbehrungsreichen Zeit bei Laune gehalten werden sollen.

Als die junge Zula (Joanna Kulig) bei ihm vorsingt, ist es Liebe auf den ersten Blick. Zula wird bald zum Mittelpunkt des tourenden Ensembles. Ein paar Jahre später, während eines Gastspiels in Berlin, planen sie die Flucht in den Westen. Doch es kommt alles anders. Die Handlung von Cold War spannt sich folglich über fast 20 Jahre, in denen sich Zula und Wiktor immer wieder begegnen. Fragmentarisch mit mehreren Unterbrüchen schildert Pawlikowski eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, über der der Schatten des Kalten Krieges schwebt und die von einer dritten Hauptdarstellerin regelrecht durchdrungen wird: der Musik. 

Trotz der kurzen Spieldauer lässt sich Cold War lange Zeit, um die Geschichte zu entfalten. Der erste Teil ist geprägt von folkloristischer Musik, die zuerst die Geduld strapaziert aber dann soviel aussagt über die damalige polnische Lebenswelt. Für Pawlikowski ist die Musik ein Spiegel dessen, wo die Hauptdarsteller in ihrer Beziehung stehen. Das Volkslied Dwa serduszka, cztery oczy wird den gesamten Film über in den unterschiedlichhsten Versionen wiederkehren. Denn auf einmal, von einem Moment auf den anderen, tritt der Jazz an die Stelle der Folklore. Musik als politischer Barometer und Leitfaden durch eine Liebesgeschichte.

Die Volkstanzgruppe Mazowsze (es gibt sie tatsächlich und sie ist bis heute aktiv) steht exemplarisch für eine politische Agenda. Pawlikowsi muss in seiner detailverliebten Inszenierung daher die politischen Rahmenbedingungen nicht weiter erklären. Sie werden durch die Musik und durch das Spannungsverhältnis zwischen Zula und Wiktor sichtbar.

Fast hätte Pawlikowski Cold War in Farbe gedreht. Nun sind bei den diesjährigen Oscars gleich zwei fremdsprachige Filme in schwarzweiß in der Kategorie Beste Kamera nominiert: Alfonso Cuaron für Roma und  Łukasz Żal für Cold War. Während sich Cuaron für das schier unendlich weite Cinemascope entschied, filmte Żal im Academy Standard Filmformat, das in etwa dem alten 4:3 Fernsehbild entspricht. 

In Cannes war Pawlikowsi schon erfolgreich und gewann den Regiepreis. Auch beim Europäischen Filmpreis war er der große Gewinner. Gleich zwei Nominierungen als Bester Ausländischer Film und als Überraschung auch für die Beste Regie bei den Oscars sind nun die Krönung für den bereits mit  Ida (2013) Oscar prämierten Regisseur.

Paweł Pawlikowski | OT: Zimna wojna | POL/UK/F 2018 | 89 Min | 4.5 out of 5 stars

Foto (c) Polyfilm Verleih

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