In den Morgenstunden des 23. Juli 1967 wurde in Detroit in einem Nachtclub ohne Konzession eine Razzia durchgeführt. Der Club befand sich in jenem Stadtteil, der ausschließlich von Afroamerikanern bewohnt wurde. Die Polizei traf auf eine viel größere Besucherzahl als erwartet und konnte die Aktion nicht unbemerkt durchführen. Vor dem Club versammelte sich in der Zwischenzeit eine Menschenmenge. Während sämtliche Besucher verhaftet wurden, kam es zu ersten Protesten und Ausschreitungen.
Die folgenden fünf Tage andauernden Unruhen gingen neben denen von 1992 in Los Angeles als die blutigsten in die amerikanische Geschichte ein. Präsident Lyndon B. Johnson ordnete den Einsatz der Nationalgarde an. Die Bilanz waren 43 Tote, 1.189 Verletzte und 7.200 Inhaftierte. 2.000 Gebäude wurden zerstört. Was die Unruhen nun genau ausgelöst hat, ist nicht bekannt. Gesichert ist, dass sich schon lange Aggressionen aufgestaut hatten, da in jenem Stadtteil mit ausschließlich afroamerikanischen Einwohnern fast nur weiße Polizisten ihren Dienst versahen. In „Detroit“ wird die Ausgangslage im Schnelldurchlauf in einer Trickfilmsequenz im Vorspann erklärt.
Kathryn Bigelow gilt als die erfolgreichste Regisseurin Hollywoods. 2010 erhielt sie einen Regie-Oscar für „The Hurt Locker“, als erste und bis heute einzige Frau. Nach zwei Filmen, die sich mit kriegerischen Auseinandersetzung der USA in Übersee beschäftigten, behandelt sie in „Detroit“ eine Episode, in der die USA im eigenen Land mit kriegsähnlichen Zuständen konfrontiert war.
Ausgehend von der Razzia in dem Nachtclub wird das Publikum von der ersten Szene an mitten ins Geschehen hineinkatapultiert. Bigelow schildert die folgenden Tage anhand von mehreren Handlungssträngen, die alle im sogenannten „Algiers Motel Vorfall“ zusammenlaufen. Philip Krauss (beängstigend: Will Poulter) ist ein gewaltbereiter Polizist, der selbst seine Kollegen zu Verbrechen anstiftet. Melvin Dismukes (John Boyega) stößt als Sicherheitsmann zufällig mitten in die Polizeiaktion im Motel. Eines der Opfer ist Larry Reed (Algee Smith), der kurz vor dem Durchbruch stehende Sänger der Dramatics.
Im Algiers Motel kam es zu einem regelrechten Exzess an Polizeigewalt gegenüber zwölf jungen Menschen, bis auf zwei Mädchen alle schwarzer Hautfarbe. Drei wurden von der Polizei ermordet. Die Polizei wendete die Methode des „Todesspiels“ an, bei der die Erschießung von Verdächtigen vorgetäuscht wird. Bigelow widmet einen großen Teil der 144 Minuten von „Detroit“ diesem Vorfall.
Während die Handlung ausserhalb des Motels in verwackelten Bildern und mit originalem Nachrichtenmaterial von 1967 dem Film einen dokumentarischen Touch verleiht, kommt es in der Sequenz im Motel zu einer atmosphärischen wie räumlichen Verdichtung. Sie läßt erahnen, in welch aussichtsloser Situation sich die Gefangenen befunden haben müssen. Da es in Folge zu keinem Prozess gekommen ist und der Vorfall somit nicht lückenlos dokumentiert vorliegt, basiert die Erzählung auf Augenzeugenberichten und Nachrichtenmaterial. Davon ist genügend vorhanden. Von den Unruhen wurde in den Medien durch Live Berichterstattung und ausführliche Zeitungsartikeln prominent berichtet.
„Detroit“ handelt von einer Vielzahl an Charakteren. Manch einer hätte den Stoff lieber im Rahmen einer Fernsehserie gesehen. Im jetzigen Format stellt der Film jedenfalls die Komplexität der Ereignisse möglichst realitätsnah dar. Die weißen Polizisten sind allerdings durchwegs böse Jungs. Nur deren Vorgesetzte haben haben Gesetz und ethische Grundsätze im Blickfeld. Dadurch wird das Gut gegen Böse Schema etwas durchbrochen. „Detroit“ handelt von Rassismus und Polizeiwillkür. Einer Situation, an der sich auch 50 Jahre später nicht viel geändert hat.
Kathryn Bigelow USA 2017 144 Min.