Mogli liegt verwundet in einem Käfig. Kinder bewerfen ihn mit Steinen und das Essen wird ihm wie einem Tier zugeschoben. Das was Regisseur Andy Serkis, der Meister der Motion-Capture-Technik (Sensoren erfassen menschliche Bewegungen, zum Beispiel der Gesichtsmuskulatur und diese dienen als Grundlage für digitale Effekte) hier serviert, hat so gar nichts mit der bekannten Disney Version zu tun sondern orientiert sich an der Buchvorlage von Rudyard Kipling. Zwei Jahre nach dem großen Erfolg von Jon Favreaus The Jungle Book scheitert er damit kläglich.
Die Sterne über dem Dschungel standen schon lange schlecht. Warner Bros. sagte den für Herbst geplanten Kinostart ab und verscherbelte das 3D-Abenteuer kurzerhand an den Streaming-Dienst Netflix. Ein Schicksal, dass in Zukunft so manchem Film widerfahren könnte, wenn eine entsprechende Vermarktung nicht möglich ist oder zu befürchten ist, dass die ersten Rezensionen nicht nach Wunsch ausfallen.
Nach so kurzer Zeit hätten sich wohl nicht neuerlich die Massen in die Kinos begeben. Damit konnte ein vorprogrammierter Flop abgewendet werden. Zumal Mogli mit dem gleichen Problem kämpft, wie schon sein Vorgänger: Zu düster für Kinder und nicht erwachsen genug für ein älteres Publikum. Die Disney-Neuverfilmung konnte nicht nur auf die beliebten Hits zurückgreifen sondern setzte technische Maßstäbe und war somit auch ein künstlerischer Erfolg.
Bei Mogli wird aber schon nach wenigen Minuten klar, dass hier nicht der große Wurf gelungen ist. Die Effekte bleiben hinter den Erwartungen zurück. Die Tiere wirken wie aus einem Computerspiel und dadurch noch befremdlicher. Emotionale Bindung kann sich so keine Aufbauen. Trotz eines Allstar-Cast mit Christian Bale, Benedict Cumberbatch, Cate Blanchett, Frida Pinto und Andy Serkis als Balu.
Der Charakter des Balu ist eine der größten Änderungen zu Disney Version. Er trainiert die jungen Wölfe und bereitet sie auf das Leben in der Wildnis vor. Von Gemütlichkeit nicht die Spur. Es weht ein rauer Ton. Balu ist kein großer Sympathieträger. Die Handlung ist aber interessanter. Visuell spannend umgesetzte Momente, wie das erste Zusammentreffen von Mogli und Shir Khan, können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film von der Technik förmlich überrollt wird und die Menschlichkeit dabei auf der Strecke bleibt.
Dass dieser Film überhaupt existiert, ist alleine den Ambitionen von Andy Serkis zu verdanken und zumindest der Umstand die Geschichte so zu erzählen wie sie Kipling einst erzählt hatte, ist ihm hoch anzurechnen. Es zeigt sich aber auch wie schwer es ist gegen eine Version der Erzählung anzukommen, die sich seit über 50 Jahren in den Köpfen festgesetzt hat. Netflix muss aufpassen, nicht zum Resteverwerter zu werden. Vor allem, weil das Programm der Studios der Plattform nach und nach abhanden kommt.
Andy Serkis | USA 2018 | OT: Mowgli: Legend of the Jungle | 104 Min. |
Foto (c) Netflix