Shoplifters

Gleich vorweg: Shoplifters offenbart nach und nach ein Geheimnis. Es wurde viel zu viel über den Inhalt geschrieben, denn Regisseur und Drehbuchautor Hirokazu Kore-Eda gibt nur sehr langsam Preis, worin der Kern dieser berührenden Geschichte liegt. Nicht zuletzt davon lebt diese Erzählung von einer Familie am Rande der Gesellschaft, die auf engstem Raum in einer kleinen Hütte umringt von Hochhäusern ihr Dasein fristet und dabei eigentlich recht glücklich ist. Also Finger weg vom Trailer!

Rasante soziokulturelle Transformationen machen auch vor japanischen Gesellschaft nicht halt. Betroffen davon ist nicht zuletzt das für uns ungewöhnliche Bild der Familie. Der Begriff ist in Japan sehr weit gefasst und meint viel mehr als die Kernfamilie und die Verwandtschaft. Hinzu kommen Traditionen, wie dass das Ehepaar bei den Eltern des Mannes wohnt und die immer noch strikte hierarchische Struktur. Der Druck ist enorm und führt zu allerhand Betrügereien. Da wird schon einmal dem Staat das Ableben der Großmutter verschwiegen um weiterhin deren Pension zu kassieren. Hirokazu hat dies neuerlich zum Anlass genommen um seinem Land den Spiegel vorzuhalten. Das ist in Japan nicht gerade wohlwollend aufgenommen worden, bietet uns aber die Möglichkeit für einen tiefen Einblick in eine völlig fremde Kultur. 

Shibata Osamu (Lily Franky) und sein Sohn Shota (Kairi Jyo) geben beim Ladendiebstahl ein eingespieltes Duo ab. Auf dem Heimweg finden sie in einer kalten Winternacht das verwahrloste Mädchen Yuri (Miyu Sasaki) und nehmen es mit nach Hause. Es bleibt nicht bei einer wärmeren Suppe. Die Familie behält Yuri kurz entschlossen. Ihre Eltern scheinen sie nicht zu suchen. Unter einem Dach wohnen darüber hinaus noch Osamas Ehefrau Nobuyo (Sakura Andô), die Großmutter Hatsue (Kilin Kiki) und die Halbschwester Aki (Mayu Matsuoka). Das Glück währt solange, wie die Familie ihr Geheimnis bewahren kann. Erst durch den Tod der Großmutter kommen die Dinge ins Rollen.

Die Familie Osamu lebt auf wenigen Quadratmetern und es gelingt Hirokazu und seinem Kameramann Ryûto Kondô diese Enge auf die Leinwand zu übertragen. Es gibt keine Rückzugsmöglichkeit, kein Platz für Privatsphäre.

Die Geschichte ist lebensbejahend, herzzerreißend und erschütternd zugleich. Hirokazu erzählt aber ohne Pathos mit einer Leichtigkeit die ihresgleichen sucht ohne groß auf die Tränendrüsen drücken zu müssen. Als Zuseher kommt einem immer wieder ins Bewusstsein, wie tragisch diese Geschichte eigentlich ist und in welchen prekären Verhältnissen die Familie lebt aber da man sieht, wie die Familie ihr Leben meistert, kommt weder auf noch vor der Leinwand große Verzweiflung auf.

Shoplifters – Familienbande, so der deutsche Verleihtitel,  wurde bei den Filmfestspielen Cannes 2018 verdientermaßen mit der Goldenen Palme ausgezeichnet und ist außerdem die japanische Einreichung zum Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“.

Hirokazu Kore-Eda | JPN 2018 | OT: Manbiki Kazoku | 121 Min. | 4 out of 5 stars

Foto (c) Filmladen Filmverleih

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