captain-marvel-7-website

Filme von Marvel sind wie Überraschungseier. Man weiß ungefähr was man bekommt, ist dann aber trotzdem meist enttäuscht und so richtig cool ist halt nur jedes siebte Ei. Mit Captain Marvel betritt die mächtigste aller Superheldinnen die Bühne. Zum ersten Mal also eine Superheldin in der Hauptrolle aber es ist auch erst der 21. Film des Marvel Cinematic Universe.

Vor genau 11 Jahren kam mit Iron Man der erste Film der Reihe in die Kinos. Es folgten mehr oder weniger muskelbepackte Nachfolger. Fehlte es an Körpermasse, mussten sie um so mehr witzig sein. Der von Brie Larson gespielte Charakter Carol Danvers/Captain Marvel liegt irgendwo dazwischen. Klar, der belesene Filmfan weiß natürlich, dass Larson wochenlang ein hartes Training über sich ergehen lassen musste. Ohne geht es in diesem Genre überhaupt nicht mehr. Eine Frage der Glaubwürdigkeit.

Der Film hält sich nicht mit einleitenden Erklärungen auf und wirft das Publikum gleich mitten ins Geschehen. Wir befinden uns irgendwo im Weltraum im Krieg zwischen zwei Alien-Spezies. Alle Charaktere sind neu und so muss man sich zuerst einmal orientieren – das Publikum, genauso wie die Protagonistin. Sie besitzt bereits Superkräfte. Woher sie die hat und woher sie überhaupt stammt liegt auch für sie im Dunkeln. Erst nach und nach wird sich im Verlauf des Filmes ihre Vergangenheit als US-Air-Force-Pilotin wie ein Puzzle zusammensetzen. Nun kämpft sie unter ihrem Mentor Yon-Rogg (Jude Law) an der Seite der menschenähnlichen Kree gegen die Formenwandler der Skrull, angeführt von Talos (Ben Mendelsohn).

So richtig in Fahrt kommt die Story aber erst als Danvers wie ein Komet in einer Blockbuster Videothek auf der Erde der 1990er Jahre einschlägt. Für die höher entwickelten Wesen da draußen nicht mehr als ein „Shithole“. Das gibt Raum für allerhand komische historische Verweise und nicht zuletzt kommt es hier zu einer Begegnung mit dem erschreckend jungen(!) Geheimagenten Nick Fury (Samuel L. Jackson lange vor seiner Zeit als Chef von S.H.I.E.L.D.). Dem Duo zuzusehen macht wirklich Spass. Obwohl sich deren Gegner Ben Mendelsohn unter einer Alienmaske versteckt, liefert er eine beeindruckende schauspielerische Leistung ab. Sie begeben sich auf die Suche nach Dr. Wendy Lawson (großartig aber etwas unterfordert: Annette Bening – und Disney spoilert was ihre Rolle betrifft, dass die Funken fliegen), die das Geheimnis von Danvers Superkräften kennt. Die Riege der SchauspielerInnen kann als Herzstück des Filmes bezeichnet werden. Für allerhand Plottwists ist gesorgt.

Manchmal weiß man nicht so recht, ob Captain Marvel durchs All fliegt oder nur vom Drehbuch durchs All geschossen wird. Für eine Superheldin fehlt ihr im Moment noch die Härte und Ausstrahlung. Gal Gadot als Wonderwoman war da überzeugender. Aber schließlich macht sie in der Geschichte einen Selbstfindungsprozess durch, an dessen Ende der Beginn des großen Avengers Finale im kommenden April steht, in dem sie die Welt vor Thanos retten soll.

Der große Bonus ist der Retro-Schick, auf dessen Welle in letzter Zeit immer mehr Produktionen mitschwimmen. Aviator Sonnenbrillen und Alta Vista Suchmaschine geben schon was her. Danvers knallt einem Schwarzenegger-Pappaufsteller den Schädel weg, nur um ein paar Szenen später ein Motorrad zu klauen. Ganz wie der T-1000 in Terminator 2 (Ach, was waren das für coole Blockbusterzeiten!) Allein der Soundtrack von TLC bis Nirvana kommt mit dem Holzhammer.

Captain Marvel ist nicht das siebte Ei. Zu konfus ist teilweise die Story und zu unglaubwürdig dort, wo etwas Erdung gefragt wäre. Die Charaktere und eine Katze machen aber Lust auf mehr. Vor gerade einem Jahr hat das Studio aber mit Black Panther gezeigt, was alles möglich sein kann. Ein weiterer großer Schritt um zu zeigen, dass ein Blockbuster-Franchise auch von weiblichen Charakteren getragen werden kann. Der große Wurf ist es aber nicht geworden.

RYAN FLECK, ANNA BODEN | USA 2018 | 124 Min | 3.5 out of 5 stars


Noch mehr Marvel:

▶︎ Review Ant-man and the Wasp

▶︎ Review Black Panther

Foto © Marvel Studios

Leave a Comment

Consent Management Platform von Real Cookie Banner