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Der neueste Film von Regisseur Ron Howard basiert auf dem autobiographischen Roman Hillbilly Elegy: A Memoir of a Family and Culture in Crisis von J. D. Vance aus dem Jahr 2016. Es war das Jahr, in dem Donald Trump überraschenderweise die Präsidentschaftswahl für sich entscheiden konnte. Der Roman wurde zum Beststeller und retrospektiv dazu herangezogen, besser verstehen zu können, was da genau passiert war. Hillbilly Elegy ist eine Familiengeschichte aus dem Rust Belt, der ehemals ältesten und größten Industrieregion der USA, die vom Strukturwandel der letzten Jahrzehnte besonders betroffen war und dem Lager der Trump Unterstützer zuzurechnen ist. Die abfällig auch Hilbillys genannten Bewohner der Apalachen, jenem Gebirgszug, der sich von Norden nach Süden durch den ganzen Osten der USA erstreckt, interessieren sich sich herzlich wenig für die Themen der Weltpolitik. Es geht vielmehr um das tägliche Überleben. Im Falle von J.D. Vance ist es geprägt von schwierigen familiären Verhältnissen und dem Wunsch, dem Teufelskreis immer wiederkehrender Gewaltausbrüchen zwischen den Generationen zu entkommen. Eine Filmkritik, keine Literaturkritik.

Darum geht es

Zu Beginn, es ist das Jahr 1997, ist J. D. Vance (gespielt von Owen Asztalos als Jugendlicher und 13 Jahre später von Gabriel Basso) mit seiner Familie im Sommer auf Verwandtschaftsbesuch in Kentucky. Schon vor vielen Jahren ist die Familie Richtung Norden nach Ohio gezogen. Der Arbeit wegen. Doch jetzt liegt alles danieder. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Geschlossene Läden prägen das Straßenbild und spiegeln die wirtschaftlich triste Lage wider. J. D.s Mutter Bev (Amy Adams) hat die Arbeit als Krankenschwester drogenkrank gemacht. Der Junge sucht Zuflucht bei der Oma Bonnie (Glenn Close), die ihrerseits Anteil daran hat, dass ihre Tochter mit dem Leben nicht fertig wird.

Die Handlung springt zwischen zwei Zeitebenen hin und her: 13 Jahre später studiert J. D. auf der Yale University. Als Kriegsveteran tat sich ihm diese Möglichkeit auf. Er führt mit seiner Freundin Usha (Frida Pinto) ein Leben fernab seiner Vergangenheit. Um sein Studium zu finanzieren, hat er gleich mehrere Jobs. Dann ereilt ihm just in der Woche wichtiger Vorstellungsgespräche ein Anruf seiner Schwester Lindsay (Haley Bennett). Die Mutter ist rückfällig geworden. Er begibt sich auf eine zehnstündige Autofahrt zurück in seine alte Heimat.

J D. (Owen Asztalos) sucht Zuflucht bei der Oma (Glenn Close).

Kommentar

Man hatte hohe Erwartungen an die Verfilmung von Hillbilly Elegy. Während sie beim Publikum recht gut angekommen ist, wurde das Familiendrama von der Kritik regelrecht in der Luft zerrissen: Das Potential der Buchvorlage wurde nicht ausgenutzt und überhaupt hatte man das alles schon einmal woanders gesehen und würden nur Klischees bedient. Das mag stimmen. Die Perspektive ist aber neu. Nicht von außen, sondern von mitten drinnen stammt dieser Bericht über die Widrigkeiten der von Arbeitslosigkeit gebeutelten Menschen im Rust Belt. Armut macht krank. Arbeitslosigkeit macht krank. Niemand wird hier verurteilt und es ist auch kein Blick von oben herab. Hillbilly Elegy begegnet seinen Figuren auf Augenhöhe.

Trotz der tragischen Geschichte ist Hillbilly Elegy keine schwere Kost, allerdings gleichzeitig ziemlich humorlos. Das Drehbuch stammt von Vanessa Taylor, die für The Shape of Water mit einem Oscar nominiert wurde. Der Film springt geschickt zwischen den zwei Zeitebenen hin und her. Man behält den Überblick.

Ohne Zweifel sind Glenn Close und Amy Adams die Stars von Hillbilly Elegy. Dick aufgetragen ist an manchen Stellen aber nicht nur das Make-up. Jedoch zeigt der Nachspann, welch gute Arbeit beim Casting gemacht wurde. Sämtliche Darsteller sind den realen Vorbildern sehr ähnlich.

Inszeniert ist das ganze recht konventionell. Eine eigene Handschrift von Ron Howard ist schwer auszumachen. Der Regisseur war in der Vergangenheit im Action Genre genauso erfolgreich wie im kleinen dramatischen, fast kammerspielartigen Fach. Das mag für manche zu beliebig sein. Ecken und Kanten sucht man hier vergebens. Politische Statements fehlen ebenso. Kurzweilig ist Hillbilly Elegy trotzdem und am Ende kann man zumindest erahnen, wie die Menschen in dieser Region ticken.

Streamingplattform

Netflix


HILLBILLY ELEGY | RON HOWARD | USA 2020 | 116 MIN. | 3 out of 5 stars


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