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Wo warst du? Es ist 10 Uhr Vormittag!“ Die Sorgen der Eltern stoßen auf völliges Unverständnis. Der Handyakku war leer. Was soll man da machen. Die sechs Teenager dieser Schweizer Produktion sind zu sehr mit ihrem Liebesleben beschäftigt, als dass Zeit für Nebensächlichkeiten bleiben würde. Gecastet wurden sie in einem langwierigen Prozess vom Regieduo Iliana Estañol und Johanna Lietha. Für ihr Spielfilmdebüt haben sie Laien engagiert und sich viele Geschichten angehört, die sie nun in Lovecut verarbeitet haben. Ein Horrorfilm für Eltern.

Darum geht es

Sex-Tapes und Skype-Dates, Clubnächte und Abendessen mit den Eltern. Der Episodenfilm Lovecut folgt sechs jungen Menschen bei ihrer Suche nach Liebe, Beziehung und Körperlichkeit. Die Anonymität und die Schnelllebigkeit des Internets prägen jene Lebensrealitäten, in denen die Jugendlichen Beziehungen (aus-)probieren und die eigene Identität erforschen. Ein flirrender Drift durch eine Lebensphase, die wahnsinnige Energien freisetzt – produktive wie zerstörerische. (Diagonale’20 Katalog)

Revoltieren ist anstrengend.

Kommentar

Was tun, wenn man auf dem Computer der Tochter Sexclips findet? „Stell dir vor, das stellt jemand ins Internet!“ Das Publikum weiß längst: zu spät. Die rasante Entwicklung des Internets, mit allem was dazugehört, hat eine ganze Generation überrollt und für deren Kinder ist die digitale Vernetzung schon selbstverständlich. Nur umgehen damit ist eine andere Sache. Das scheint die Sorgen der Eltern zu multiplizieren. Aber die kommen hier nur am Rande vor und füllen nur ihre altbekannten Rollen.

Lovecut konzentriert sich auf das Liebesleben von Jugendlichen in Wien. Die Episoden sind geschickt ineinander verwoben. Im Zuge ihrer Recherche, sind die beiden Regisseurinnen Estañol und Lietha auf diese Geschichten gestoßen. Das verlieht dem Film eine große Intimität und Authentizität. Dass es sich um LaiendarstellerInnen handelt, trägt das Übrige dazu bei.

Wir sehen ein Wien aus der Perspektive der Jugendlichen, abseits von architektonischem und touristischem Glanz. Das erinnert an Adrian Goigingers Bild von Salzburg, das er uns in seinem Film Die Beste aller Welten gezeigt hat. Die Alte Donau, Nachtclubs und Wohnsiedlungen sind die Kulisse für die ersten Liebesdramen. Von Zukunftsängsten ist nichts zu spüren. Was zählt ist der Moment und der emotionale Kick. Der einzige Berührungspunkt zur Außenwelt sind sie mahnenden Eltern, denen es aber schier unmöglich ist, zu ihren Kindern durchzudringen.

Lovecut endet abrupt. Das ist nur Konsequent, um die Schnelllebigkeit zu vermitteln, von der sich die Jugendlichen treiben lassen. Am Ausgang der Geschichten hat sich nichts verändert. Auch wenn sich der Beginn durch die digitale Kommunikation verändert hat, endet es doch immer gleich, nämlich im Bett.

Verleih

Stadtkino Filmverleih


LOVECUT | Produktion, Buch, Regie: ILIANA ESTAÑOL und JOHANNA LIETHA | CH 2020 | 94 MIN | 3.5 out of 5 stars


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