Einer der beiden Mörder aus Michael Hanekes Funny Games U.S. hat womöglich den Film des Jahres gedreht. The Brutalist war auf der diesjährigen Viennale zu sehen und kommt im Jänner in die Kinos.
In 13 Festivaltagen besuchten 75.800 Menschen Filmvorführungen der Viennale 2024, was einer Auslastung von 76,3% entspricht. Das ist erfreulicherweise eine kleine Steigerung zum Vorjahr. Immerhin, obwohl – wie soll man es anders formulieren – das Festival mit einen Essayfilm von Leos Carax namens C’est pas moi eröffnet wurde. Die Wiener Medien, wie wir alle wohlwollend der Viennale gegenüber eingestellt, goutierte das als „Eröffnung mit Staraufgebot“, obwohl in kaum einem Bericht herauszulesen war, was es mit dem Kurzfilm auf sich hat. Geschenkt, ab dann ging’s bergauf.
Hier folgt der zweite Teil einer Auswahl an Filmen aus dem Programm mit den Startterminen für die nächsten Monate. Zu Teil eins gehts hier entlang.
The Brutalist, R: Brady Corbet
Die Freiheitsstatue steht Kopf. Brady Corbets The Brutalist ist ein bild- und tongewaltiges monumentales Werk von 215 Minuten Länge (inklusive Pause) mit herausragenden schauspielerischen Leistungen von Adrian Brody, Guy Pearce und Felicity Jones. Brody spielt den ungarisch-jüdischen Architekten László Tóth, der durch die Flucht vor dem Holocaust in die USA von seiner Frau getrennt wird. Dort wird Tóth zwar bald gefeiert aber eigentlich von der Highsociety, allen voran von Harrison Lee Van Buren (Guy Pearce), nur geduldet. Brutal nicht nicht nur wegen der titelgebenden Architekturrichtung.
In der 70mm Projektion im Gartenbaukino eine besondere Erfahrung. Bestimmt auch ab Kinostart Ende Jänner 2025 ebenda erlebbar..
In Cannes gewann Brady Corbet den Regiepreis. Neben Agora von Sean Baker bisher der Film des Jahres.
The Reel Therapist Bewertung: ★★★★★
Kinostart: 30. Jänner 2025
Mond, R: Kurdwin Ayub
Nach ihrem bemerkenswerten Regieerstling Sonne feierte die Regisseurin Kurdwin Ayub mit Mond bereits beim Filmfest in Locarno einen großen Erfolg und gewann den Spezialpreis der Jury.
Die ehemalige Martial Arts Kämpferin Sarah (Florentina Holzinger) bekommt das Angebot drei Schwestern einer wohlhabenden jordanischen Familie zu trainieren. Soweit so gut. Sarah kommt das gerade recht. Die Atmosphäre vor Ort ist dann aber eher ungemütlich. Die drei Teenager scheinen eingesperrt zu sein und hegen Fluchtpläne. Allerdings lässt uns die Regisseurin genauso wie ihre Protagonistin über die tatsächlichen Vorkommnisse im Unklaren. Der ältere Bruder beschwichtigt. Kann man ihm Glauben schenken? Sarah ist so passiv, das es fast schon nervenaufreibend ist. Aber was würden wir in so einer Situation machen? Uns einmischen? Wohl eher nicht. Kinohelden überlegen da oft nicht all zu lange und Kurdwin Ayub bricht so gesehen in Mond mit Sehgewohnheiten und Erwartungshaltungen. Mit Florentina Holzinger in ihrer ersten Filmrolle.
The Reel Therapist Bewertung: ★★★★
Kinostart: 31. Oktober 2024
L’Empire, R: Bruno Dumont
Für Bruno Dumont eine Melange aus Hollywood Blockbuster und europäischen Arthaus. Silberner Bär bei der Berlinale. WTF. Ein Gnadenstern.
The Reel Therapist Bewertung: ★
Kinostart: möchtet ihr nicht wissen
Between The Temples, R: Nathan Silver
Die Drama-Komödie Between The Temples von Nathan Silver und mit Jason Schwartzman und Carol Kane hat den Schalk hinter den Ohren. Schwartzman spielt einen trauernden Kantor, der sich auf eine ungewöhnliche Liebschaft einlässt. Davon, wie das Judentum die eigenen Traditionen auf die Schippe nimmt, können sich andere Religionen noch einiges abschauen. Eine schrullige und liebenswerte Komödie. Sehr unterhaltsam.
The Reel Therapist Bewertung: ★★★★
Kinostart: Unbekannt
Queer, R: Luca Guadagnino
Als der Name Daniel Craig auf der Leinwand erschien, großes Aufatmen. Queer von Luca Guadagnino war der diesjährige Überraschungsfilm. Eine andere Längenangabe im Programm hatte viele auf die falsche Fährte gelockt aber vielleicht war es auch nur eine kurzfristige Entscheidung. War es die Richtige? Ja. Hat es sich ausgezahlt? Eher nein.
Man merkt dem Film an, dass es sich um eine Literaturverfilmung handelt. Queer kommt sehr sperrig daher. Craig und Drew Starkey streunen durch Mexiko-Stadt. Das ist schön anzusehen. Guadagnino unterlegt es unter anderem mit Nirvana. Aber es dauert, bis die Handlung in Gang kommt und dann ist der Film auch schon wieder fast zu Ende. Man muss bis zum letzten Kapitel warten, bis sich die Drogeneskapaden im Dschungel a la Guadagnino und William S. Burroughs, von dem die gleichnamige Romanvorlage stammt, entfalten. Auf emotionaler Ebene herrscht aber ziemliche Flaute. Bis auf die letzte Einstellung vielleicht. Die bleibt im Gedächtnis. Bis dahin muss man aber erstmal durchhalten.
The Reel Therapist Bewertung: ★★★
Kinostart: 2. Jänner 2025
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