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Es gibt Themen, über die geschwiegen wird obwohl sehr viele der Menschen davon betroffen sind. Das gilt auch für jenen Fall, sollte es bei der Erfüllung eines Kinderwunsches nicht auf Anhieb klappen. Diverse Komplikationen sind dabei eine ebenso große psychische Belastung, wie die Zuhilfenahme medizinischer Mittel oder wenn der Kinderwunsch am Ende einfach nicht in Erfüllung geht. Regisseurin Ulrike Kofler nimmt sich in ihrem neuen Film Was wir wollten mit Lavinia Wilson und Elyas M’Barak in den Hauptrollen genau diesem Thema an. Der Film ist Österreichs Kandidat für den Auslandsoscar 2021.

Darum geht es

Das kleine Herz schlägt nicht mehr. Alice (Lavinia Wilson) und Niklas (Elyas M’Barek) sind beim Frauenarzt. Soeben erfahren sie von der Frauenärztin (Maria Hoffstätter), dass ein weiterer Versuch ein Kind auf dem Invitro Weg zu bekommen schon in einem frühen Stadium gescheitert ist. Das Verständnis der Ärztin ist ein trockenes medizinisches. Für Alice bricht in diesem Moment jedoch neuerlich eine Welt zusammen. Sie steht kurz vor ihrem 40. Geburtstag.

Kurz darauf überrascht Niklas Alice zu ihrem Geburtstag mit einem Luxusurlaub auf Sardinien. Er findet, das ist genau was sie jetzt brauchen. Dort angekommen, beziehen sie einen Bungalow in einem Resort. Als nebenan eine Tiroler Familie mit Kindern einzieht, werden die Beiden neuerlich mit ihrer Situation konfrontiert. Christl (Anna Unterberger) und Romed (Lukas Spisser) sind, genauso wie deren kleine Tochter, sehr kontaktfreudig. So kommen bei Niklas und Alice in den kommenden Tagen einige Emotionen hoch, bis ihnen ein tragischer Zwischenfall neue Perspektiven eröffnet.

Elyas M’Barek und Lavinia Wilson

Kommentar

Noch vor kurzem war von Wie wir wollten ein exklusiver Kinostart in Österreich angekündigt. In Deutschland und im Rest der Welt ist der Film schon seit November bei Netflix zu sehen. Da ein Starttermin nun frühesten in einem Monat möglich gewesen wäre, wollte man den Film nicht länger zurückhalten. Eine Vertriebspolitik, die zur Zeit zu Recht mit Argusaugen beobachtet wird, wirft auch ein Schlaglicht auf einen Umstand, den man nicht unterschätzen darf: Was wir wollten ist in dutzenden Ländern von Brasilien bis Österreich unter den Top 10 der Netflix-Charts. Auch wenn man die Zählmethode kritisieren kann (es wird bereits ab Minute 2 gewertet), so kann man auf jeden Fall davon ausgehen, dass den Film weitaus mehr Menschen gesehen haben als bei einer alleinigen Kinoauswertung im deutschsprachigen Raum. Der Film überzeugt mit seiner psychologisch nuancierten Geschichte ebenso, wie mit einer Bildsprache, die die große Leinwand sucht.

Ulrike Köhlers erstem Langfilm Was wir wollten liegt eine Kurzgeschichte („Der Lauf der Dinge“) von Peter Stamm zu Grunde. Der Film spielt fasst ausschliesslich in einem Luxusresort auf Sardinien. Es ist eine Schrebergartensiedlung mit Meerblick. Die Nachbarn schauen bis ins Schlafzimmer. Es ist gerade diese räumliche Reduktion, die den Figuren größtmöglichen Raum lässt, um sich zu entfalten. Die Situation, in der sich das Paar dort wiederfindet, schwemmt schlummernde Konflikte an die Oberfläche.

Es sind kleine Gesten, die auf das Verlangen nach körperliche Leidenschaft hindeuten oder beiläufige Bemerkungen, die die Anspannung und letzten Endes die Verdrängung gemeinsamer Probleme verdeutlichen und humoristische Elemente, die die Tonart des Filmes vorgeben. Was wir wollten ist ein feingliedriges Psychogramm, das trotz der ernsten Thematik nicht all zu schwerfällig ist. Dafür sorgt in erster Linie die Nachbarsfamilie. Sie übernimmt für die Protagonisten eine therapeutische Funktion, während sie für das Publikum durch die unmittelbare Nähe und ihr extrovertiertes Auftreten eine gewisse Leichtigkeit in die Geschichte mitbringt.

Lavinia Wilsons Charakter ist die Verzweiflung ins Gesicht geschrieben. In sich gekehrt und letzten Endes mit ihrem Problem alleine. Denn ihr Partner verschließt sich vor ihr. Ohne große emotionale Ausbrüche gibt Wilson einen Einblick in die Gefühlswelt von Alice. Elyas M’Bareks neuerlicher Ausflug ins ernste Fach ist diesmal mehr als geglückt. Die Langsamkeit und zurückhaltende Inszenierung kommt ihm zu Gute.

Ein großes Thema reißt Was wir wollten fast beiläufig an. Es zieht sich jedoch von der ersten Szene an durch den gesamten Film. Es ist die Fremdbestimmung von Frauen gerade auch in frauenspezifischen Angelegenheiten wie der Schwangerschaft. Aber nicht nur: die Männer hier glauben auch im Alltag besser zu wissen, was für ihre Frauen gut ist oder wie sie sie sich zu verhalten haben. Wobei den Männern selbst, gerade in der Öffentlichkeit, alles erlaubt ist.

Lange passiert nichts oder viel mehr liegt es in der Luft, dass etwas passieren wird. Ulrike Kofler weiß aber um den Rhythmus eines Filmes und setzt das in Was wir wollten großartig um. Die Protagonisten bekommen die notwendige Zeit, um sich entfalten zu können. Am Ende sind es keine trostlosen eineinhalb Stunden, die man vor dem Bildschirm verbringt, weil Alice und Niklas mit ihrer Situation umzugehen lernen.

Verleih

Filmladen Filmverleih (ein Kinostart ist immer noch geplant)

WAS WIR WOLLTEN | ULRIKE KOFLER | Ö 2020 | 100 MIN. | 4 out of 5 stars


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