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Während in so gut wie allen Filmproduktionen der vergangenen Monate die Covid-19 Pandemie mehr oder weniger ignoriert wurde, kommt von Regisseur Radu Jude nun der erste Film, dem unverkennbar anzusehen ist, wann er entstanden ist. In Bad Luck Banging or Loony Porn wird einer Lehrerin ein selbst gedrehter Amateurporno zum Verhängnis. Nicht nur beim Akt selbst werden hier Masken getragen. Jude nimmt das als Ausgangspunkt, um über die rumänische Gesellschaft zu reflektieren. Für das Publikum bedeutet das, sich erstmal das besagte Video in voller Länge anzusehen. Eine in ihrer Botschaft und Umsetzung radikale Arbeit. Die Jury in der diesjährigen Berlinale war überzeugt und verlieht dem Film den Goldenen Bären.

Darum geht es

Emi (Katja Pascariu) dreht mit ihrem Ehemann einen Amateurprono. Auf Umwegen gelangt das Video ins Internet und auf die Handys der Kinder der Lehrerin. Bad Luck Banging or Loony Porn teilt sich folglich in drei Kapitel auf. Zuerst läuft Emi durch Bukarest und versucht telefonisch die Wogen zu glätten und trifft sich mit ihrer Schuldirektorin (Claudia Ieremia). Im zweiten Teil werden in alphabetischer Reihenfolge Begriffe mit Archivmaterial erklärt und in Zusammenhang mit Rumänien gebracht. Darunter: Krieg, Kinder, Tyrannei, Patriotismus, Sex, Penis, Rassismus und Social Distancing. Abschließend kommt es an einem Elternabend zu einer Konfrontation von Emi und den aufgebrachten Eltern, die ihrerseits recht fragwürdige Ansichten vertreten.

Die Empörung ist groß.

Kommentar

Ohne dem Publikum einen konkreten Erzählstrang zu bieten und mit dafür umso mehr Andeutungen und Provokationen kratzt Radu Jude an der Oberfläche der orthodoxen Gesellschaft Rumäniens. Aber nicht mit einem feinen Schweizer Messer, sondern mit einer scharfen Machete. Wie muss es sich im vollen Saal bei der Premiere während der Berlinale angefühlt haben, als zu Beginn die expliziten pornografischen Szenen zu sehen waren.
Zum liefert die Sequenz eine Vorgabe, doch dann folgt der erste Teil, in der lange Kameraschwenks aufeinander montiert sind und mitten drin zufällig die Protagonisten durchs Bild läuft. Dass Passanten dabei in die Kamera lachen, stört den Regisseur nicht. Jude ist ein guter Beobachter. Auf den Straßen von Bukarest finden sich Bilder, die in Bezug zur Lage stehen, in der Emi gerade steckt. Konfrontationen von Autofahrern und Fussgänger scheinen hier auf der Tagesordnung zu stehen. Die Aggressionsschwelle ist niedrig.
Der Mittelteil ist von der Handlung abgekoppelt und beschäftigt sich auf humorvolle aber ebenso provokative Art mit der Geschichte und Gegenwart Rumäniens. Die 26 in alphabetischer Reihenfolge vorgestellten Begriffe geben einen Vorgeschmack darauf, mit wem es Emi im dritten Teil zu tun bekommen wird. Die Eltern sind exemplarische Vertreter der rumänischen Gesellschaft vom General über einen Priester bis hin zu ehemaligen Ceaușescu-Anhängern. Die Empörung ist groß und wird noch durch die nervenaufreibende Pandemiesituation bestärkt. Antisemitismus, Heuchelei und Misogynie sind vorherrschend. Jude lässt kein gutes Haar an seinen Landsleuten.
Bad Luck Banging or Loony Porn riskiert durch seinen radikalen Weg die Konzentration seines Publikums zu verlieren. Am Ende fügen sich die Teile jedoch sinnvoll zusammen. Das Finale ist an Absurdität nicht zu überbieten. Ein auf allen Ebenen aussergewöhnlicher Film.

Bad Luck Banging or Loony Porn (OT: Babardeală cu bucluc sau porno balamuc)
Satire, RO/LUX/CRO/CZ 2021

Regie Radu Jude
Drehbuch Radu Jude
Kamera Marius Panduru
Schnitt Cătălin Cristuju
Musik Jura Ferina, Pavo Miholjevic
Mit Katja Pascariu, Claudia Ieremia


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