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Fünfzehn Jahre nach der umstrittenen vierten Fortsetzung von Indiana Jones startete man einen letzten Versuch, den wohl berühmtesten und beliebtesten Archäologen auf die große Leinwand zu bringen. Neu ist James Mangold (Le Mans 66) als Regisseur. Ansonsten gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten in diesem alten Mustern folgenden rasanten Abenteuer, dass das Herz aber doch am rechten Fleck hat. Gleichzeitig bekommen wir zu sehen, welche Gefahren die für manche Filmemacher verlockenden neuen technischen Möglichkeiten mit sich bringen.

Darum geht es

Im Jahr 1944 ist Indiana Jones (Harrison Ford) gemeinsam mit Basil Shaw (Toby Jones) auf der Jagd nach der Lanze von Longinus. Als er sie den Nazis unter der Führung von Jürgen Voller (Mads Mikkelesen) entreissen möchte, wird er auf ein anderes Artefakt aufmerksam: den Mechanismus von Antikyhera. Gebaut von Archimedes, soll er Raum-Zeit-Übergänge aufspüren können. Es ist allerdings nur die Hälfte des Mechanismus forhanden.

Zeitsprung: 1969 wird gerade die Rückkehr der Astronauten nach der Mondlandung gefeiert. An seinem letzten Arbeitstag sucht seine Patentochter Helena Shaw (Phoebe Waller-Bridge) Jones auf. Sie möchte beide Teile des Artefakts auffinden und teuer verkaufen. Ebenso ist Jürgen Voller, der nun unter neuem Namen als Wissenschaftler für die Amerikaner arbeitet, immer noch hinter dem Mechanismus von Antikyhera her. Eine Jagd um die Wette quer durch Europa.

Phoebe Waller-Bridge und Harrison Ford in Indiana Jones und das Rad des Schicksals (James Mangold, USA 2023)

Kommentar

Man kann Indiana Jones und das Rad des Schicksals durch mehrere Brillen sehen und je nachdem funktioniert er mehr oder weniger gut. Durch die nostalgische Brille betrachtet, erfüllt das Abenteuer wohl nahezu alle Wünsche. Freunde des Archäologen werden ihren Spaß haben und recht gut unterhalten. Es gibt Anspielungen auf die älteren Filme zu entdecken und ein Wiedersehen mit beliebten Charakteren. Das Setdesign ist gelungen und füllt sich voll und ganz nach Indy an.

Wechsel man jedoch die Brille, dann wird bald klar, welche Chancen hier vergeben wurden. Zum einen haben wir es mit einem alternden Helden zu tun (dem wiederum eine junge Frau zur Seite gestellt wird), der sich (trotz aller Actionszenen), seinen physischen Grenzen bewusst ist. Nun ist das Rad des Schicksals eigentlich (Spoiler!) ein Rad der Zeit. Leider wird dieses Konnex überhaupt nicht in die Story aufgenommen. Es hätte eine wunderbare Abhandlung über das Altern an sich werden können, hätte man vielleicht auf die ein oder andere der zahlreichen Verfolgungsjagden verzichtet.

Der in der Indiana Jones-Reihe immer mitspielende historische Hintergrund hat jedes Mal auch einen gewissen Reiz ausgemacht. Wenn auch nicht so bekannt wie der Kelch oder die Bundeslade, so ist auch der 1901 entdeckte Mechanismus von Antikythera von großer Bedeutung für die Wissenschaft. Im Film hat der Schurke Jürgen Voller einen großen Anteil am Erfolg des US-Raumfahrtsprogramms. Sein reales Vorbild Wernher von Braun war ebenso für das Deutsche Reich, als eben später auch für die USA erfolgreich als Wissenschaftler tätig.

Zu guter Letzt zurück zurück zum Thema Alterung. Die Technik der digitalen Verjüngung von SchauspielerInnen eröffnet nie dagewesene Möglichkeiten und ist indirekt auch ein Grund für den großen Streik gleich zweier Gewerkschaften in Hollywood. Bei Indiana Jones und das Rad des Schicksals kommt da jedoch eine gewissen Computerspielästhetik auf, die sich gleich durch mehrere Actionsequenzen zieht, also nicht nur bei der digitalen Verjüngung von Harrison Ford selbst (wobei Mads Mikkelsen da ungleich furchtbarer aussieht). Erwähnt sei nur die Szene in der Jones auf dem Dach des Zuges läuft. Wenn es nicht besser geht, dann lässt man es besser gleich bleiben. Mit all der Nostalgie geht das ohnehin nicht zusammen.

Dass bekannte Helden aus der Kiste geholt werden, ist nichts Neues und wird uns wohl für immer begleiten, auch wenn in diesem Fall der finanzielle Erfolg ausgeblieben ist. Das kann aber auf Dauer nur gut gehen, wenn man auch inhaltlich etwas zu bieten hat. Für den Gegenwert von mehr als einen Monat Streamingdienst hat sich das Publikum alles verdient. Einfallslose Massenware bekommen wir ohnehin Woche für Woche bei Netflix und Co.

Alles in allem wird man hier mit Abstrichen gut unterhalten und mit einem rührenden Finale belohnt.


INDIANA JONES UND DAS RAD DES SCHICKSALS (OT: INDIANA JONES AND THE DIAL OF DESTINY)
Abenteuer, USA 2023
Regie James Mangold
Drehbuch Jez Butterworth, John Henri Butterworth, David Koepp, James Mangold
Kamera Phedon Papamichael
Schnitt Michael McCusker, Andrew Buckland, Dirk Westevelt
Musik John Williams
Mit Harrison Ford, Phoebe Waller-Bridge, John Rys Davies, Antonio Banderas, Mads Mikkelsen, Boyd Holbrook
Länge 154 Min.
Streamingplattform ab Herbst bei Disney+


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