Mit Leonardo DiCaprio, Robert deNiro, Lily Gladstone, Jesse Plemons Regie Martin Scorsese
Ab 14 Länge 206 Min.
OSCAR KANDIDAT
Die Mordserie, die vor etwa 100 Jahren über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren Oklahoma eben nicht erschütterte, sondern von den lokalen Behörden unter den Teppich gekehrt wurde, dürfte außerhalb des Bundesstaates kaum bekannt sein. Martin Scorsese ändert das nun mit KILLERS OF THE FLOWER MOON, seinem 25. Spielfilm. Der Stamm der Osage erlangte Anfang des 20. Jahrhunderts großen Reichtum, als auf dem ihm zugewiesenen scheinbar wertlosen Land Ölvorkommen entdeckt wurden. Das rief skrupellose weiße Männer auf den Plan, die durch Morde und mit einer perfiden Taktik versuchten, das Land in Besitz zu nehmen. Eine Schlüsselfigur verkörpert Robert De Niro als William King Hale, der, obwohl vordergründig als wohlwollender Pate auftretend, eine ganze Riege an Männern zu Verbrechen anstachelte. So auch seinen Neffen Ernest Burkhart, gespielt von Leonardo DiCaprio, der die indigene Frau Mollie, gespielt von Lily Gladstone, heiratet und somit Teil einer äußerst wohlhabende Familie wird. Scorsese verhilft den Osage mit seinem formidablen True-Crime-Western, basierend auf den gleichnamigen Recherchen von David Grann aus dem Jahr 2017, zu so etwas wie verspäteter Gerechtigkeit.
Kurzkritik
Freilich mutet uns Martin Scorsese hier einiges zu. Neben der epischen Länge erzählt KILLERS OF THE FLOWER MOON eine nur schwer verdauliche Geschichte. Es staut sich einiges an Emotionen zusammen, wenn man für dreieinhalb Stunden gespannt im Kinosessel sitzt, um auch ja nichts zu versäumen. Dann setzt der Regisseur zum Finale an, erst verspielt witzig und trifft uns in der letzten Minute Mitten ins Herz.
Es ist keine Übertreibung von einem Meisterwerk zu sprechen, bei soviel Empathie und Fingerspitzengefühl, das Scorsese für die verzweifelte Lage des Osage aufbringt. Erst nach einem Vorschlag von DiCaprio verschob sich der Fokus des Drehbuches weg von den Ermittlungen hin zu den Osage. Die Geschichte von Mollie rückte mehr in den Mittelpunkt. Lily Gladstone (First Cow) kämpft als Frau eines Mannes, den sie erst nach und nach durchschaut, buchstäblich um ihr Überleben. Der Tod steht bereits bei ihr im Schlafzimmer. DiCaprio spielt wiederum einen einfältigen und faulen Charakter, dem die Aussicht auf leichtes Geld so blind macht, dass ihm gar nicht bewusst zu sein scheint, dass er dafür seine Frau opfern würde. Und eine so geballte Ladung an Falschheit und Hinterlist, wie bei De Niros King Hale, hat man selten gesehen. Es ist eine Freude, den dreien beim Spielen zuzusehen.
Erst nach zwei Stunden hat Jesse Plemons als einer der frühesten FBI Agenten der Geschichte (Das Bureau wurde ein paar Jahre zuvor von J. Edgar Hoover ins Leben gerufen) seinen ersten Auftritt. Er und seine Männer stellen erstmals die richtigen Fragen. Plemons zeigt einmal mehr seine starke Leinwandpräsenz. Er scheint fast wortlos, wenn auch nur im Hintergrund, jede Szene zu beherrschen und komplettiert somit das starke Ensemble von KILLERS OF THE FLOWER MOON.
Martin Scorsese hat nicht nur den zahlreichen Opfern der Osage ein filmisches Denkmal gesetzt, sondern uns dazu auch noch eines der grandiosesten Werke seiner Karriere geschenkt. 206 Minuten und das keine zu lange.
KILLERS OF THE FLOWER MOON
Drama, USA 2023
Regie Martin Scorsese
Drehbuch Eric Roth, Martin Scorsese
Basierend auf Killers of the Flower Moon von David Grann
Kamera Rodrigo Prieto
Schnitt Thelma Schoonmaker
Musik Robbie Robertson
Mit Leonardo DiCaprio, Robert deNiro, Lily Gladstone, Jesse Plemons
Länge 206 Min.
Streamingplattform AppleTV+
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