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Mit Colman Domingo, Chris Rock, Aml Ameen, Glynn Turman, Gus Halper Regie George C. Wolfe
Ab 12 Länge 99 Min.

OSCAR KANDIDAT

Die Bilder des Marsches auf Washington, bei dessen Kundgebung Martin Luther King im Jahr 1963 seine legendäre I have a dream-Rede hielt, sind wohl jedem bekannt. Nur wie kam es dazu? Der Mastermind hinter der Großveranstaltung mit am Ende über 250.000 TeilnehmerInnen war der charismatische homosexuelle Bürgerrechtler Bayard Rustin. Gegen viel Widerstand machte er mit großer Hartnäckigkeit und Organisationstalent das scheinbar Unmögliche möglich, in dem er die unterschiedlichsten Vereine und Gewerkschaften an einen Tisch zu brachte. In der Hauptrolle ist Colman Domingo zu sehen. Es ist eine der bemerkenswertesten schauspielerischen Leistungen des Jahres.

Colman Domingo als Bayard Rustin auf dem Weg zu seinem Platz in einem Linienbus der 1960er Jahre.
Colman Domingo in RUSTIN (George C. Wolfe, USA 2023)

Kurzkritik

Die Karten standen schlecht. „I’m not your man.“, sagte Martin Luther King, als er 1960 einen Massenprotest anführen sollte. Noch dazu wurde von Roy Wilkins, Anführer des N.A.A.C.P. * (Chris Rock) und Adam Clayton Powell Jr., Vertreter des Bundesstaates New York im US-Repräsentantenhaus (leider wenig zu sehen: Jeffrey Wright) versucht, einen Keil zwischen King und Bayard zu treiben.

Und überhaupt: es ist bis heute ein weltweites Phänomen, dass die Linken zu sehr mit sich selbst beschäftigt sind: „Wir streiten uns über den Inhalt von Liedertexten“, erkennt Bayard Rustin richtigerweise. Von einem breiten Konsens ist man weit entfernt. Trotzdem versucht Rustin im Jahr 1963 seine Vision eines Marsches für Freiheit und Arbeit umzusetzen.

Don’t kill an impulse, before it’s born.

Bayard Rustin zu seinen MitstreiterInnen im Organisationskomitee.

Das war aber nur möglich, wenn die unterschiedlichsten Institutionen zusammenarbeiteten. Noch dazu war die Skepsis groß, dass die Kundgebung erfolgreich sein würde und friedlich über die Bühne gegen konnte. Zu oft eskalierten Proteste in der Vergangenheit in Gewalt. Rustin war aber von seiner Idee überzeugt und setzte alles daran, die Anführer vieler wichtigen Organisationen buchstäblich an einen Tisch zu setzen (Es waren tatsächlich nur Männer, was der Aktion scharfe Kritik von Seiten der Frauenbewegungen einbrachte.).

Der Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit war als sozialpartnerschaftlicher Schulterschluss eine organisatorische Meisterleistung. Obwohl der Rassismus, erst recht so kurz nach Aufhebung der Rassentrennung, noch nicht überwunden war, wie Regisseur George C. Wolfe (Ma Rainey’s Black Bottom) zu Beginn zeigt, wurde der Protest auch von weiß dominierten Organisationen mitgetragen. Weder davor noch danach war jemals wieder ein so breiter Konsens möglich.

Zum Film selbst: Bayard Rustin (1912-1987) war eine schillernde Persönlichkeit und Colman Domingo scheint ihr gerecht zu werden. Er zieht uns vom ersten Moment an in seinen Bann. Seine Energie trägt den gesamten Film, der ohne ihm wohl weit weniger Breitenwirkung hätte. Es ist Domingo, weswegen man sich den sonst etwas konservativ geratenen Film unbedingt ansehen sollte.

Produziert wurde RUSTIN von Higher Ground, der Produktionsfirma von Barack und Michelle Obama.

*Nationale Vereinigung für die Förderung farbiger Menschen

RUSTIN, USA 2023
Drama Ab 12 Länge 99 Min.
Regie George C. Wolfe Drehbuch Julian Breece, Dustin Lance Black Kamera Tobias A. Schliessler Schnitt
Musik Branford Marsalis Mit Andrew Mondshein Mit Colman Domingo, Chris Rock, Aml Ameen, Glynn Turman, Gus Halper Netflix


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