DUNE

Es ist nicht zu bestreiten. In den vergangenen Wochen schlich sich eine gewisse Vorfreude ein. Endlich stand wieder ein Kinofilm an, bei dem neben dem Popcornfaktor auch mit Qualität zu rechnen war. Der Regisseur Denis Villeneuve hatte sich schon erfolgreich der Blade Runner Fortsetzung Blade Runner 2049 angenommen und bereits davor mit Arrival gezeigt, das er Fans von Science-Fiction durchaus zufriedenstellen kann. Nun wagte er sich an die Verfilmung des Dune-Zyklus von Frank Herbert. Die meisten bisherigen Versuche verschwanden in der Versenkung, bis überhaupt ein Kader gedreht worden war. David Lynch ist mit Der Wüstenplanet (1984) grandios gescheitert und übt sich seitdem in transzendentaler Meditation um die Schmach zu lindern. Für Villeneuve und sein Team nun Standing Ovation bei den Filmfestspielen von Venedig. Das ist schon großes Kino, was uns hier geboten wird. Die Euphorie liegt aber wohl eher im wunderbaren Aperol Spritz unter der italienischen Sonne begründet.

Darum geht es

Irgendwann in ferner Zukunft braucht man sich über die Klimaerwärmung keine großen Gedanken mehr zu machen. Statt über das Wetter zu Reden, sorgt man sich eher um gigantische Sandwürmer. Herzog Leto Atreides (Oscar Isaac) hat gerade die Verwaltung des Wüstenplaneten Arrakis, auch unter dem Namen Dune bekannt, übernommen. Er ist die einzig Quelle der wertvollsten Substanz des Universums, dem Spice. Nicht zuletzt ermöglicht sie das Überwinden großer Entfernungen. Für Reisen durch das Universum unerlässlich. Obwohl die Sache nicht ganz risikofrei ist, reist Leto mit Konkubine Lady Jessicas (Rebecca Ferguson), seinem Sohn Paul (Timothée Chalamet) und Gefolgschaft von seinem Heimatplaneten Caladon an. Die Vorahnungen bestätigen sich, und Leto gerät in einen Hinterhalt des Hauses Harkonnen unter Wladimir Harkonnen (hat auch schon besser ausgesehen: Stellan Skarsgård). Paul und Jessica fliehen zu den Einwohnern von Arrakis, den in der Wüsten lebenden Fremen.

Paul und Jessica blicken einer ungewissen Zukunft entgegen.

Kommentar

Bei der Pressekonferenz nach der Premiere bei dem Filmfestspielen von Venedig meinte Denis Villeneuve, dass Autor Frank Herbert in den 1960er Jahren die Welt des 20. Jahrhunderts im Sinn hatte aber Dune aus heutiger Sicht fast eine prophetische Beschreibung der Gegenwart darstellt. Religion ist spätestens seit 9/11 als Kategorie in der Politik nicht mehr wegzudenken. Umweltfragen stehen ohnehin auf er täglichen Agenda, oder sollten es zumindest. Über allem schweben die Nachwehen des Kolonialismus und die damit einhergehende Ausbeutung von Ressourcen. Das Spice auf dem Wüstenplanet ist auf der Erde Kobalt, unverzichtbar für die Herstellung von Smartphones.

Dieser Themenkomplex verleiht Dune also eine gewisse Aktualität. Es ist nur so, dass hier ein junger auserwählter weißer Mann in der Gestalt von Paul nun das Wüstenvolk retten soll. Ob das gegenwärtig der richtige Weg ist, um Kolonialismus zu thematisieren, darf bezweifelt werden. Weiters sind die unendlichen Weiten des Wüstenplaneten der unverkennbare Verweis auf die Problematik der Erderwärmung.

Die Vorzüge von Villeneuves Dune liegen aber ohnehin woanders. Die Kamera von Greig Fraiser reiht ein imposantes Bild an das Nächste. Eines schöner als das Andere. Das Setdesign trägt sein übriges dazu bei: viel Beton und große Räume stehen der der kargen Wüste gegenüber. Der Sand scheint ständig im fließen begriffen, vor allem wenn sich die Sandwürmer annähern. Die Kreaturen liefern auch die einzigen größeren dramatischen Spannungsmomente.

In David Lynchs Version der Geschichte zeichneten Toto und Brian Eno für den Soundtrack verantwortlich. Nun ist es Hans Zimmer, der mit einem mystisch orientalischen Klangteppich die Daumenschrauben anzieht. Understatement sieht anders aus. Aber dann wäre es auch nicht Hans Zimmer.

Dune wartet mit einen regelrechten Starensemble auf. Wobei wir einzig Paul etwas näher kennenlernen. Viele anderen haben kurze Auftritte oder verschwinden bald wieder im Treibsand. Und dass, obwohl sich Villeneuve und seine Co-Autoren Eric Roth (A Star is Born) und Jon Spaihts (Prometheus) sehr viel Zeit lassen. Zu viel Zeit. Der Film hat nämlich kein Ende. Nach gut 2 1/2 Stunden werden wir ins Ungewisse entlassen.

This is only the beginning

Chani (Zendaya) von den Fremen hat in Dune das letzte Wort.

Es ist schon ein gewagtes Unterfangen, einen Film mit dem Untertitel „Part 1“ zu versehen und eine Geschichte nicht fertig zu erzählen, ohne zu Wissen, ob es überhaupt eine Fortsetzung geben wird. Das hängt naturgemäß vom Einspielergebnis im Kino und auf der Streamingplattform von Warner ab und ist in der jetzigen Situation mehr als ungewiss. Das sollte man wissen, bevor man sich für einen Kinobesuch entscheidet. „Fortsetzung folgt nicht“, sagte Edgar Böhm in den 1980er Jahren im österreichischen Kinderfernsehen. Damals allerdings um Spannung zu erzeugen und Kinder zum Lesen zu motivieren. Hier könnte das schnell in Frust ausarten. Dune wirkt wie der hundertfünfundfünfzig Minuten Trailer zu Dune 2, in dem nicht all zu viel passiert. Sollte es eine Fortsetzung geben, wird man erst danach die Filme als gesamtes beurteilen können. Nach unzähligen Monaten ohne vergleichbare Blockbusternahrung scheint es Dune jedenfalls leicht zu haben, eine gewisse Euphorie zu verbreiten.

Dune
Science-Fiction, USA 2021

Regie Denis Villeneuve
Drehbuch Denis Villeneuve, Eric Roth, Jon Spaihts
Kamera Greig Fraiser
Schnitt Joe Walker
Musik Hans Zimmer
Mit Timothée Chalamet, Rebecca Ferguson, Oscar Isaac, Josh Brolin, Stellan Skarsgård, Dave Bautista, Zendaya

Foto: Copyright: © 2020 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved. Credit: Chiabella James.


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