Mit Cailee Spaeny, Jacob Elordi Regie Sofia Coppola
Ab 12 Länge 114 Min.
Priscilla war 14 Jahre alt, als sie den 10 Jahre älteren Elvis in Deutschland kennenlernte und ihre Mutter und ihr Stiefvater sie kurz darauf nach Tennessee ziehen ließen. Manche werden, nachdem sie den Kinosaal verlassen haben, wohl das Handy zücken und Wikipedia bemühen. Aber das hat schon alles seine Richtigkeit, in Sofia Coppolas PRISCILLA, basierend auf der Biografie „Elvis and Me“ von Priscilla Presley und Sandra Harmon. Alle Augen sind in dieser Biografie, in der kein einziger Song von Elvis vorkommt, weil es die Nachlassverwaltung untersagt hatte, auf Cailee Spaeny in der Titelrolle gerichtet. Selbst gerade in jene Alter, in dem Priscilla war, als sie Elvis verließ, verkörpert sie die mehr als 10 Jahre jüngere Version mit ebensolcher Überzeugung, was ihr große Anerkennung eingebracht hat. Dabei macht es ihr Sofia Coppola mir ihrem eigenen Regiestil nicht gerade leicht.
Kurzkritik
Baz Luhrmann gestand man für seinen ELIVS (2022) noch zu, Originalsongs zu verwenden. Damals wurde die Geschichte allerdings aus Sicht des ominösen Managers Colonel Tom Parker (Tom Hanks) erzählt und ihm eine Mitschuld an Elvis‘ Untergang gegeben. Nun kommt bei Coppolas und Priscillas Version Elvis selbst nicht immer gut weg. Daran hat man sich womöglich gestoßen. Ein Detail am Rande: Bei Coppola kommt der so wichtige Colonel nun überhaupt nicht vor, sondern zieht nur im Hintergrund die Strippen. Dabei rettet er vermutlich nicht nur einmal die Beziehung zwischen Priscilla und Elvis, sei es auch nur wegen dem Business.
Jacob Elordi als Elvis gibt eine solide Leistung ab, spielt sich nicht in den Vordergrund. Auf nennenswerte NebendarstellerInnen hat Coppola keinen Wert gelegt, also ist PRISCILLA ganz auf die Hauptdarstellerin ausgerichtet. Spaenys Wandlungsfähigkeit in der 13 Jahre umspannenden Handlung ist beachtlich, vor allem wenn man bedenkt, dass sie anfangs 14 Jahre alt ist. Eine zusätzliche Herausforderung ist der distanziert kühle Stil der Regisseurin. Sie wahrt Distanz zu ihren Charakteren. Das Publikum möchte sie emotional nicht beeinflussen. Darum spart sie emotionale Höhepunkte so gut es geht aus. Es wird damals wohl reichlich davon gegeben haben. Nicht einmal DIE Sexszene, nach Jahren der Enthaltsamkeit, kommt vor. Keine Filmmusik, die auf die Tränendrüse drückt. Menschen in Isolation sind Coppolas Spezialgebiet und so ist es auch hier, wenn Priscilla alleine durch Graceland wandert, weil Elvis die meiste Zeit nicht da ist, sie aber gleichzeitig dort nahezu gefangen hält und ihr untersagt, arbeiten zu gehen. Das muss man als Zuseher mögen.
Da ist Bradley Coopers MAESTO fast schon ein Gegenpool. Er fährt große emotionale Geschütze auf und lässt auch in der Inszenierung nichts anbrennen. Sofia Coppola setzt auch im Auftreten ihrer Protagonisten einen Kontrapunkt. Elvis und Priscilla sind optisch weit weniger zwanghaft an ihre realen Vorbilder angelehnt, als es Filmbiografien im allgemeinen in den letzten Jahren getan haben.
Der Soundtrack ist eine Geschichte für sich. Nur eines: Als Priscilla (Achtung Spoiler!) am Ende Graceland verlässt, hört man „I Will Always Love You“ von Dolly Parton (Ja, der ist nicht von Whitney Houston. Wieder was gelernt). Elvis liebte den Song. Er sang ihn sogar für Priscilla nach der Scheidung auf den Stufen zum Gericht. Wegen Rechtsstreitigkeiten (wieder der Colonel … ) kam es aber nie zu einer Zusammenarbeit. Nachzulesen hier. Alles in allem wurde ich das Gefühl nicht los, dass der Name der Regisseurin dem Film einiges an Rückenwind gegeben hat. An ihr Frühwerk kann Sofia Coppola mit PRISCILLA nicht anknüpfen.
PRISCILLA, USA 2023
Biografie Ab 12 Länge 115 Min.
Regie Sofia Coppola Drehbuch Sofia Coppola, basierend auf „Elvis and Me“ von Priscilla Presley, Sandra Harmon Kamera Philippe Le Sourd Schnitt Sarah Flack
Musik Phoenix, Sons of Raphael Mit Cailee Spaeny, Jacob Elordi
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