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Drachen erfreuen sich wie Dinosaurier einer ungebrochen Popularität. Mal als zerstörerische Waffe oder auch als treuer Begleiter. Mal monströs und dann wieder niedlich. Nun kommt mit Raya und der letzte Drache die My Little Pony-Version. Willkommen in der bunten, von Südostasien inspirierten Disney-Welt von Kumandra. Der Konzern verläßt sich auf altbekannte Rezepte. Eines kann man den Produzenten aber nicht vorwerfen, dass sie nämlich nicht mit der Zeit gehen. Der 59. Animationsfilm von Disney ist der erste für die Generation Instagram und präsentiert neuerlich eine Heldin in der Hauptrolle.

Darum geht es

Nachdem sich die Völker von Kumandra wegen eines magischen Artefaktes zerstritten haben und es zu Bruch gehen ließen, wird das Land von einem bösen Geist in Angst und Schrecken versetzt. Die Kriegerin Raya (Stimme: Kelly Marie Tan) macht sich auf den Weg, den letzten Drachen zu finden um mit dessen Hilfe das Land wieder zu vereinigen. Sie findet die Drachin Sisu (Awkwafina), doch bis die ihre Kräfte wieder zurückerlangt hat, haben die beiden noch einen langen Weg vor sich.

Sisu, die Wasserdrachin

Kommentar

Vor fünf Jahren war Vaiana das Ergebnis der erfolgreichen Bemühungen, Disneyfilme diverser zu gestalten. Damals war die Geschichte in Ozeanien angesiedelt. Rajas Welt ist stark inspiriert von der Region Südostasiens. Dass man sich für die englische Originalfassung Schauspieler aus Ostasien genommen hatte, führte zu einer Kontroverse. Nun ist das eine geographische Differenzierung, die in unseren Köpfen keineswegs verankert ist. Asien ist Asien. Auch wenn es eine Aufteilung ist, die von Außen zugeschrieben wurde, besteht zwischen der VR China, Japan und Südkorea gegenüber Indonesien und den Philippinen im Süden doch ein gewaltiger Unterschied. So gesehen schafft diese Diskussion vielleicht das Bewusstsein, dass man die 4,4 Milliarden Menschen in Asien nicht über einen Kamm scheren kann. Immerhin glauben wir in Europa bereits innerhalb der Staatsgrenzen unüberwindbare Unterscheidungsmerkmale erkennen zu können. Für etwas Exotik muss man sich mitunter nur eine halbe Stunde ins Auto setzen.

Bei Disney muss man sich nicht erst neu erfinden, um einen soliden Animationsfilm herauszubringen. Technisch ist man immer State-of-the-Art. Die prominentesten Darsteller stehen Schlange, um den HeldInnen ihre Stimme zu leihen und die Merchandiselawine rollt verlässlich bis in die entlegensten Kinderzimmer. Auf Raya und der letzte Drache trifft das ebenso zu.

Das Detailreichtum ist erstaunlich und kommt zu Hause im TV bei weitem nicht zur Geltung. Bereits die grafisch wunderschön umgesetzte Eröffnungssequenz läßt die große Leinwand schmerzlich vermissen. Raya ist definitiv ein Film gemacht fürs Kino. Die Bilder genauso wie die Musik von James Newton Howard.

Die Drehbuchautoren Qui Nguyen und Adele Lim (Crazy Rich Asiens) zitieren wild durch die Filmgeschichte und muten dem jungen Publikum ungewöhnlich viel zu. Neben der Abenteuergeschichte geht es in Raya um die Vereinigung zerstrittener Bevölkerungsteile. Wie kann es soweit kommen, dass eine Bevölkerung gespalten wird und sich vermeintliche Unterschiede etablieren, die Angst produzieren und die wiederum als Katalysator für Aggressionen und Gewalt wirkt.

Raya ist eine mutige Kriegerin. Ihre Gegenspielerin ist ebenso eine Frau. Sisu ein weiblicher Drache. Männer kommen hier nur am Rande vor und spielen für das fortkommen der Geschichte so gut wie keine Rolle. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Geschlechterrollen umgekehrt werden, ist eine Entwicklung die Disney schon länger verfolgt und dem Konzern hoch anzurechnen ist. Inwieweit die sehr erfolgreiche Vermarktung der Disney-Prinzessinnen (die in den letzten Jahren meist gar keine Prinzessinnen mehr waren) eine Rolle spielt, ist ein andere Frage.

Disney macht hier nichts falsch aber riskiert auch nichts, was zur Folge hat, dass man Raya wohl bald wieder vergessen hat. Es bleibt das Gefühl, das alles schon einmal gesehen zu haben. Raya wirkt wie eine weichgespülte Version eines Filmes des japanischen Studio Ghibli. Im Tonfall bedient man sich teilweise ganz offensichtlich einer Jugendsprache. Es wird ein mühsamer Weg werden, das Zielpublikum einmal wieder weg von Laptop und Handy, wo Unterhaltung nur mehr in Clips konsumiert wird, zurück – oder auch gar erstmals – in die Kinos zu locken. Man darf nicht vergessen, wenn das alles vorbei ist, werden ein paar Jahrgänge noch nie einen Kinosaal von innen gesehen haben.

Nachdem der Kinostart im Herbst verschoben werden musste, ist Raya und der letzte Drache, wie schon Mulan im vergangene Jahr, gegen eine extra Gebühr bei Disney+ verfügbar, bevor er in ein paar Wochen regulär im Programm landen wird.

Animationsfilm, USA 2021
Regie
 Paul Briggs, Dean Wellins
Drehbuch Qui Nguyen, Adele Lim
Schnitt Fabienne Rawley, Shannon Stein
Musik James Newton Howard
Mit Kelly Marie Tran, Awkwafina
Länge 107 Min.
Streamingdienst Disney+


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