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Im Kino

Für viele ist es ein langersehnter Höhepunkt nach einem Jahr, in dem die Pandemie mit voller Wucht im Filmgeschäft zugeschlagen hat. Der Autodidakt Paul Thomas Anderson (Der Seidene Faden) gilt als einer der großen Regisseure des zeitgenössischen Hollywood. Seine Detailverliebtheit und sein Perfektionismus kommen ihm gerade in seinen Historienfilmen zugute. Im 1973 im San Fernando Valley spielenden Licorice Pizza verläßt er sich voll und ganz auf zwei Newcomer: Alana Haim und Cooper Hoffman.

Darum geht es

Im kalifornischen San Fernando Valley des Jahres 1973 entwickelt sich zwischen Mittzwanzigerin Alana Kane (Alana Haim) und Teenager Gary Valentine (Cooper Hoffman) eine ungewöhnliche Freundschaft. Doch inmitten des alltäglichen Trubels aus Gelegenheitsjobs und Schauspielkarriere, Freunden und Politik entstehen mit der Zeit auch intensivere Gefühle. (UIP)

Cooper Hoffman und Alana Haim

Kommentar

Es verhält sich ähnlich wie bei Quentin Tarantinos Once upon a time in … Hollywood. Seine Hommage an Hollywood spielt nur wenige Jahre früher und ist ebenso als Liebeserklärung an jene Zeit zu verstehen, wie nun Paul Thomas Andersons Licorice Pizza. Bei Tarantino war es hilfreich, etwas über die historischen Zusammenhänge und seine Figuren zu wissen. Zumindest hatte man dann mehr Spaß am Film. Während es bei Tarantino allerdings recht schnell nachzulesen war, ist das bei Anderson eigentlich unmöglich. Außer man liest sich durch die zahlreichen Filmbesprechungen.

Im ersten Moment macht das aber nichts, denn hier geht es vor allem um die wie wunderbaren Hauptdarsteller, die beide ihr Debüt geben. Alana Haim, eine von drei Schwestern, bekannt durch die gleichnamige Band und Cooper Hoffman, der 19-jährige Sohn von Philip Seymour Hoffman. Die Natürlichkeit mit der die Beiden spielen ist überwältigend, fast wie zufällig von der Kamera eingefangen. Die scheinbare Unmöglichkeit der Beziehung mit dem großen Altersunterschied wird durch die Leichtigkeit des Filmes aufgefangen. Und außerdem: im Kino ist alles möglich. Es ist Haim und Hoffman zu verdanken, dass wir es ihnen abnehmen.

Natürlich muss man nicht wissen, was es mit dem Titel auf sich hat. Auch nicht, welchen verrückten Typen Bradley Copper verkörpert oder wem Sean Penns Rolle nachempfunden ist. Selbst die Hauptfigur ist an ein reales Vorbild angelehnt. Wasserbetten, wie? John C. Reilly nicht entdeckt? Geschenkt. Die Aufzählung ließe sich nahezu endlos fortsetzen. Anderson verläßt sich in seiner Geschichte voll auf die Hauptdarsteller, die tolle Ausstattung und die Kostüme. Licorice Pizza ist ein optischer Genuss.

Einerseits hält sich Anderson nicht mit Details auf (wie bei der Figur von Bradley Cooper, der immerhin für einen sehr komischen Auftritt sorgt), dann räumt er aber einer Figur wir dem zukünftigen Stadtrat Joel Wachs (Bennie Safdie) viel Raum ein, sodass man auch ohne tieferes Wissen weiß, worum es geht. Das hat freilich damit zu tun, dass Alana bei ihm im Wahlkampf anheuert. Sonst mäandert der Film leichtfüßig von Episode zu Episode. Der Regisseur schwelgt in Nostalgie. Es ist richtiggehende eine Zeitreise, die gut unterhält. Vor allem, wenn John Michael Higgins als Betreiber eines japanischen Restaurants, der Fremdsprache nicht mächtig, sie seiner japanischen Geliebten gegenüber nur mit einem Akzent imitiert. Zum Schreien komisch.

Es ist nur schade, dass die zahlreichen Verweise an diese Zeit untergehen. Das mag für den ein oder anderen Filmnerd spannend sein aber für einen Großteil des Publikums bleiben sie verborgen. Am Ende bleiben vor allem die zwei Neuentdeckungen Alana Haim und Cooper Hoffman, die den Film so sehenswert machen. Ansonsten plätschert der Film über zwei Stunden so vor sich hin.

Licorice Pizza
Drama, USA 2021

Regie Paul Thomas Anderson
Drehbuch Paul Thomas Anderson
Kamera Michael Bauman, Paul Thomas Anderson
Schnitt Andy Jurgensen
Musik Jonny Greenwood
Mit Alana Haim, Cooper Hoffman, Bennie Safdie, Sean Penn, Bradley Cooper
Länge 133 Min.


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